Frage an Sebastian Czaja von Chiara M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Czaja,
Sie waren einst CDU-Mitglied und sind dann zur FDP Übergetreten.
Kann man politische Überzeugungen so wechseln wie ein Hemd?
Sehr geehrte Frau Meissner,
natürlich wechselt man seine Parteizugehörigkeit nicht wie ein Hemd. Genau wie bei einer privaten, geht auch einer politischen Trennung ein Entfremdungsprozess voraus. Wenn das Gefühl aufkommt, nicht mehr am richtigen Platz zu sein bzw. man spürt, dass es so nicht mehr weitergehen kann.
Winston Churchill soll, befragt zu seinem Parteiwechsel, einmal gesagt haben: „Meine Überzeugungen und Ansichten haben sich nicht verändert, aber leider die der Partei“. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, so muss jeder für sich entscheiden ob er seinem Gewissen folgen und seine bisherige politische Heimat verlassen oder wider besseren Wissen bleiben und Entscheidungen die seinen Überzeugungen nicht entsprechen weiter mittragen soll. Letzteres eben nicht zu tun, dazu haben sich bereits viele Politiker vor mir entschlossen. Für viele seien hier nur die Bundespräsidenten Heinemann und Rau genannt, die beide ihre politische Laufbahn in einer anderen Partei begonnen hatten als der, die sie später für das höchste Amt der Bundesrepublik nominierte.
Für mich persönlich begann der Entfremdungsprozess mit meiner Wahl in die BVV. Im politischen Tagesgeschäft der BVV fand ich immer wieder Punkte in der Schul- und Sozialpolitik, welche mit meinen Ansichten nicht übereinstimmten. Bis 2005 wurde mir endgültig klar, dass sich die CDU zierte auch unbequeme Wahrheiten zu debattieren - nur aus Angst vor Wählerschwund oder starker öffentlicher Kritik. Die CDU hätte einen reaktiven Ansatz in der Haushaltspolitik erarbeiten müssen, um somit langfristige Schieflagen zu vermeiden, dazu hatte sie aber weder den nötigen Mut noch den erforderlichen Elan.
So entschloss ich mich schließlich 2005 die CDU zu verlassen, da ich etwas in meinem Bezirk Marzahn-Hellersdorf bewegen und mich engagieren wollte, weil dieser Bezirk für mich Heimat ist und Heimat eine Zukunft braucht. Die CDU hatte die Idee des Gestaltens leider vollkommen durch die des Mangelverwaltens ersetzt.
Sie sehen also, mein Wechsel von der CDU zur FDP war keineswegs wie das Wechseln eines Hemdes. Auch war ich weder der erste noch werde ich der letzte Politiker sein, der sich nach reiflicher Überlegung, entschlossen hat eine neue politische Heimat zu suchen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Sebastian Czaja