Frage an Sebastian Blumenthal von Markus P. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Blumenthal,
ich wende mich an Sie, weil ich Ihnen als Vertreter der FDP noch am ehesten zutraue, Einsicht in wirtschaftliche Zusammenhänge zu haben, die den Vertretern anderer Parteien durchweg abhanden gekommen zu sein scheint. Meine Frage bezieht sich auf die soeben beschlossene Förderung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen für den Straßenverkehr mit einer Milliarde Euro, vermutlich finanziert durch Neuverschuldung.
Es herrscht in Deutschland Konsens darüber, dass der Ausstieg aus der Atomenergie politisch gewünscht ist. Gleichzeitig möchte man wegen des Klimawandels auf die Generierung von Strom aus Kohle verzichten. Erneuerbare Energien haben den entscheidenden Nachteil, nur unregelmäßig Strom zu liefern, so dass zur Sicherung einer verlässlichen Stromversorgung Backup-Lösungen im Umfang von 85-90 (Windenergie) bzw. 98-99 (Solarenergie) % der nachgefragten Leistung erforderlich sind. Aufgrund der selbst auferlegten Restriktionen werden diese Backups mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Gasturbinenkraftwerke sein.
Die DeNA hat 2008 einen Bericht veröffentlicht, demzufolge bis 2030 der Anteil an Erdgas an der Stromerzeugung von aktuell 17% auf deutlich über 40% ansteigen wird. Die neuesten energiepolitischen Entwicklungen sind darin noch nicht enthalten.
Nun stelle ich mir die Frage, warum die Bundesregierung 1 Mrd. Euro dafür aufwenden will, Fahrzeuge zu fördern, die mit aus Gas erzeugter Elektrizität betrieben werden, während gleichzeitig die Steuerprivilegien für gasbetriebene Fahrzeuge wegfallen. Letztere haben den entscheidenen Vorteil, dass beim direkten Betrieb der Fahrzeuge mit Erdgas nicht die 40-50% Umwandlungsverlust anfallen, die der Umweg über Elektrizität aus Gasturbinenkraftwerken mit sich bringt. Ferner dürfte der Weg zu einem elektrisch betriebenen Fahrzeug, dessen Speicher- und Antriebssystem weniger wiegt als das eines erdgasbetriebenen Fahrzeuges noch sehr weit sein. Warum also diese "Geldverbrennung"?
Sehr geehrter Herr Pape,
vielen Dank für Ihre E-Mail - bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort. Die von Ihnen angesprochene eine Milliarde für Forschung und Entwicklung bezieht sich nicht auf den Bereich der Elektromobilität, sondern umfasst das ganze Gebiet von Energiespeichertechnologien, die nicht nur für die Elektromobilität erforderlich wären, sondern allen voran für die Umsetzung des neuen Energiekonzeptes der Bundesregierung notwendig sind. Die Haushaltsmittel für die F&E zu Energiespeichern, allen voran für die Elektromobilität, werden dabei nicht nur eine Neuschuldenaufnahme, sondern ab 2012 aus dem Sondervermögen "Energie- und Klimafonds" veranschlagt und resultieren aus Umschichtungen und Einsparungen der vier beteiligten Ressorts.
Hintergrund der Förderinitiative ist das Ziel, den Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland zu beschleunigen und die Energiesysteme für einen Hauptanteil Erneuerbarer Energien zu optimieren. Der zu erwartende Strombedarf in Deutschland soll im Jahr 2050 zu 80 Prozent aus regenerativen Quellen gedeckt werden. Vom Ausgleich kurzfristiger Fluktuationen bis hin zur Langfristspeicherung über mehrere Monate hinweg gilt es, das Stromangebot jederzeit in Einklang mit der Stromnachfrage zu bringen. Mittel- bis langfristig ist daher neben intelligentem Lastmanagement und neuen Netzstrukturen der verstärkte Einsatz von Speichern wichtig, um die Versorgungssicherheit und Zuverlässigkeit der elektrischen Energieversorgung auch künftig zu gewährleisten.
So gibt es eine "Förderinitiative Energiespeicher" bei der Bundesministerien in einer ersten Phase bis 2014 insgesamt bis zu 200 Millionen Euro bereit stellen und durch ein gemeinsames Programmmanagement eine zielorientierte und effiziente Förderung sicherstellen. Unterstützt werden Forschungsvorhaben zur Entwicklung einer großen Bandbreite von Speichertechnologien für Strom, Wärme und andere Energieträger. Obwohl bereits heute Energiespeicher, wie zum Beispiel die Pumpspeicherkraftwerke, wirtschaftlich betrieben werden, befindet sich eine Vielzahl der Technologien noch im Grundlagenstadium oder in der Entwicklungsphase. Hierzu zählen zum Beispiel so genannte RedoxFlow-Batterien. Gleiches gilt für thermisch optimierte Druckluftspeicher, bei denen durch die Zwischenspeicherung der anfallenden Wärme der Wirkungsgrad erhöht wird. Innovationen und technologische Entwicklungen werden dringend benötigt, um den technologischen Herausforderungen zu begegnen und eine schnelle Markteinführung von neuen Energiespeichern erreichen zu können.
Hinsichtlich ihrer Frage der staatlichen Förderung für Erdgasfahrzeuge sieht der aktuelle Stand folgendermaßen aus:
Der Betrieb von Erdgasfahrzeugen wird vom Staat auf diverse Möglichkeiten gefördert, am deutlichsten aber im Bereich der Treibstoffkosten. Die Bundesregierung hat bis 2018 einen festen Steuersatz für Erd- und Autogas beschlossen, der nur bei 20% der Steuern für normales Benzin liegt.
Neben dieser indirekten Förderung gibt es auch noch spezielle direkte Förderungen auf Ebene der Bundesländer. Leider konzentrieren sich diese aber hauptsächlich auf Betriebe des öffentlichen Personennahverkehrs. Genauere Informationen lassen sich bei den Ministerien des entsprechenden Bundeslandes anfordern.
Für Gewerbetreibende gibt es von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (zins-)vergünstigte Kredite für die Anschaffung oder Umrüstung von Nutzfahrzeugen.
Neben der staatlichen Förderung gibt es auch von vielen lokalen Gasanbietern spezielle Zuschüsse, wenn man ein Erdgasfahrzeug kauft oder nachrüstet.
Auch wenn die Ziele in der Elektromobilität noch nicht erreicht sind, investieren wir in neue, Erfolg versprechende Technologien, um in der Zukunft unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu sein und damit einen großen Beitrag für die Umwelt zu leisten. Ein Stillstand in der Entwicklung, welcher stetige Subventionen für eigentliche Zwischenschritte hin zur effizienten Elektromobilität mit sich bringt, kann jedoch nicht wünschenswert sein.
Es freut mich, dass Sie sich aktiv mit dem Thema auseinander setzen und danke Ihnen für die (auch kritischen) Anregungen, die ich bei den beteiligten Fachpolitikern eingebracht habe.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Blumenthal