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Frage von Malte G. •

Frage an Sebastian Blumenthal von Malte G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Blumenthal.

Nach mehr als zehn Protesttagen in Ägypten gibt es immer noch keine deutliche Ansage aus der deutschen Politik an Hosni Mubarak.
Vieles deutet darauf hin, dass Schlägertrupps von der Regierung bezahlt wurden, um die Demonstrationen eskalieren zu lassen. Es gibt ein Video von einem Polizeiwagen, der bei hoher Geschwindigkeit gezielt auf Demonstraten zu fährt und zwei erfasst. Es gibt auch ein Video von einem "diplomatic car", welches durch eine Menschenmenge rast und 20-30 Menschen erfasst, wovon angeblich einige gestorben sind. Ich weiß, dass es sich hierbei keineswegs um gesicherte und bewiesene Fakten handelt.
Führt man sich aber vor Augen, wie solche Informationen bei der ägyptischen Bevölkerung ankommen, ist es schwer vorstellbar, dass Herr Mubarak weiterhin im Amt bleiben kann.
Liegt es an den langjährigen guten Beziehungen, dass man ihm nun nicht offiziell dazu auffordern kann, zurückzutreten?
Ohne ihn wird es sicherlich schwieriger, unsere Interessen (oder die der USA) im Nahen Osten durchzusetzen.
Aber sind unsere Interessen wichtiger als der Wille des ägyptischen Volkes? Ist es wichtiger, jemanden zu schützen, der seit 30 Jahren ungebrochen mit Notfallgesetzen regiert, jemanden, der behauptet, einzig aus dem Grund nicht abzutreten, weil er Angst hat, dass Ägypten dann im Chaos versinkt? Eine weltfremdere Erklärung hätte er ob des aktuellen Zustandes auf Kairos Straßen kaum finden können.
Ich bin enttäuscht von unseren Volksvertretern, die keine klaren Worte finden.
Wenn ich das verstehen würde, wäre das was anderes, aber ich kann einfach keine nachvollziehbaren Gründe dafür finden.
Und ich bitte Sie, mir nicht damit zu antworten, dass Sie für Demokratie sind. Das weiß ich, es geht mir hier speziell um die Person Hosni Mubarak (stellvertretend für einen Großteil der ägyptischen Regierung).

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Malte Garms

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Garms,
 
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Ihre Einschätzung kann ich nicht ganz teilen. Über alle Ebenen (Bund, Länder, EU etc.) und aus Regierungen und Parlamenten gleichermaßen haben Politiker in Deutschland frühzeitig und unmissverständlich Ihre Standpunkte klar gemacht.
 
Allerdings - und an dieser Stelle kann ich Ihre Eindrücke sehr gut nachvollziehen - haben viele Medien die Entwicklung in Ägypten zunächst sehr vernachlässigt. Ein exemplarisches Beispiel dafür wären die ARD und das ZDF: Während es am 2. Februar zu ersten schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen ist (worüber BBC, CNN, FOX News, n-tv etc. unmittelbar berichtet haben), wurde in der ARD die Telenovela „Rote Rosen“ ausgestrahlt und das ZDF hatte sich dem „Kochduell“ gewidmet. Wie Sie es nennen - „klare Ansagen“ - hat es aus Deutschland gegeben - es liegt aber in der freien Entscheidung der Medien, worüber sie berichten wollen (und worüber sie nicht berichten wollen).
 
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im arabischen Raum muss uns allen aber auch eines klar sein : Egal, wie sich die westlichen Demokratien verhalten - immer melden sich diejenigen zu Wort, denen das Verhalten „des Westens“ nicht gefällt. Wenn wir uns dort einmischen, dann heißt es, man dürfe die Menschen dort nicht „bevormunden“ und ihnen die westliche Demokratie und Menschenrechte nicht „aufzwingen“ (z.B. in Afghanistan oder im Irak). Wenn das Gegenteil getan wird, heißt es, man müsse die Menschen in diesen Regimen unterstützen.
 
Was Ihre Fragestellung angeht, Mubarak hätten wir für „unsere Interessen (oder die der USA)“ gebraucht. Unser Interesse ist eine stabile und rechtsstaatliche Ordnung für die ganze Region. Dies hat die deutsche Außenpolitik gegenüber allen diktatorischen und terroristischen Regimen im Nahen Osten immer deutlich gemacht - egal ob es um die Hamas oder den Iran geht. Inwieweit sich mit Mubarak Rechtsstaatlichkeit durchsetzen ließe, ist für mich nicht erkennbar. Jeder einzelne muss sich aber tatsächlich die Frage stellen, inwieweit es in „unserem Interesse“ gewesen ist (wie Sie es ausdrücken), das Regime in Ägypten zu unterstützen, indem Bürgerinnen und Bürger  dort ihren Urlaub verbracht (und die Diktatur damit mitfinanziert) haben. Diesen Umstand kann man nicht „der Politik“ anlasten.
 
Im Übrigen müssen wir uns aber auch darüber im klaren sein: Diktatoren kann man nicht durch „gutes Zureden“, „klare Worte“ oder Diskussionen über Menschenrechte aus Ihren Machtpositionen entfernen. Das kann man nur durch außenpolitischen Druck erreichen - so wie Deutschland es getan hat, indem Entwicklungsminister Dirk Niebel Mubarak klare und unmissverständliche Sanktionen vor Augen geführt hat (auch darüber wurde in den Medien nur sehr knapp berichtet). Vor allem müssen wir aber den Aufbau Ägyptens aktiv unterstützen - nicht nur wenn es um Demokratie geht - mindestens genauso wichtig ist eine rechtsstaatliche Ordnung (v.a. eine unabhängige Justiz), in der weder Menschen noch die Religion über Recht und Gesetz stehen.
 
Hier hat Außenminister Westerwelle dargestellt, dass Deutschland Ägypten auf diesem Weg unterstützen wird und dies halte ich persönlich für den richtigen Weg.
 
Ich hoffe, Sie können meine Position nachvollziehen und verbleibe
 
mit freundlichen Grüßen
 
Sebastian Blumenthal

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Sehr geehrter Herr Garms,
 
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihre Einschätzung Einschätzung kann ich nicht ganz teilen. Über alle Ebenen (Bund, Länder, EU etc.) und aus Regierungen und Parlamenten gleichermaßen haben Politiker in Deutschland frühzeitig und unmissverständlich Ihre Standpunkte klar gemacht.
 
Allerdings - und an dieser Stelle kann ich Ihre Eindrücke sehr gut nachvollziehen - haben viele Medien die Entwicklung in Ägypten zunächst sehr vernachlässigt. Ein exemplarisches Beispiel dafür wären die ARD und das ZDF: Während es am 2. Februar zu ersten schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen ist (worüber BBC, CNN, FOX News, n-tv etc. unmittelbar berichtet haben), wurde in der ARD die Telenovela „Rote Rosen“ ausgestrahlt und das ZDF hatte sich dem „Kochduell“ gewidmet. Wie Sie es nennen - „klare Ansagen“ - hat es aus Deutschland gegeben - es liegt aber in der freien Entscheidung der Medien, worüber sie berichten wollen (und worüber sie nicht berichten wollen).
 
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im arabischen Raum muss uns allen aber auch eines klar sein: Egal, wie sich die westlichen Demokratien verhalten - immer melden sich diejenigen zu Wort, denen das Verhalten „des Westens“ nicht gefällt. Wenn wir uns dort einmischen, dann heißt es, man dürfe die Menschen dort nicht „bevormunden“ und ihnen die westliche Demokratie und Menschenrechte nicht „aufzwingen“ (z.B. in Afghanistan oder im Irak). Wenn das Gegenteil getan wird, heißt es, man müsse die Menschen in diesen Regimen unterstützen.
 
Was Ihre Fragestellung angeht, Mubarak hätten wir für „unsere Interessen (oder die der USA)“ gebraucht. Unser Interesse ist eine stabile und rechtsstaatliche Ordnung für die ganze Region. Dies hat die deutsche Außenpolitik gegenüber allen diktatorischen und terroristischen Regimen im Nahen Osten immer deutlich gemacht - egal ob es um die Hamas oder den Iran geht. Inwieweit sich mit Mubarak Rechtsstaatlichkeit durchsetzen ließe, ist für mich nicht erkennbar. Jeder einzelne muss sich aber tatsächlich die Frage stellen, inwieweit es in „unserem Interesse“ gewesen ist (wie Sie es ausdrücken), das Regime in Ägypten zu unterstützen, indem Bürgerinnen und Bürger  dort ihren Urlaub verbracht (und die Diktatur damit mitfinanziert) haben. Diesen Umstand kann man nicht „der Politik“ anlasten.
 
Im Übrigen müssen wir uns aber auch darüber im klaren sein: Diktatoren kann man nicht durch „gutes Zureden“, „klare Worte“ oder Diskussionen über Menschenrechte aus Ihren Machtpositionen entfernen. Das kann man nur durch außenpolitischen Druck erreichen - so wie Deutschland es getan hat, indem Entwicklungsminister Dirk Niebel Mubarak klare und unmissverständliche Sanktionen vor Augen geführt hat (auch darüber wurde in den Medien nur sehr knapp berichtet). Vor allem müssen wir aber den Aufbau Ägyptens aktiv unterstützen - nicht nur wenn es um Demokratie geht - mindestens genauso wichtig ist eine rechtsstaatliche Ordnung (v.a. eine unabhängige Justiz), in der weder Menschen noch die Religion über Recht und Gesetz stehen.
 
Hier hat Außenminister Westerwelle dargestellt, dass Deutschland Ägypten auf diesem Weg unterstützen wird und dies halte ich persönlich für den richtigen Weg.
 
Ich hoffe, Sie können meine Position nachvollziehen und verbleibe
 
mit freundlichen Grüßen
 
Sebastian Blumenthal