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Sascha Raabe
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Frage von Christoph R. •

Frage an Sascha Raabe von Christoph R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Dr. Raabe!

Auch nach der Verabschiedung der Millenniumserklärung im Jahre 2000 leiden weiterhin Millionen Menschen weltweit unter den Folgen extremer Armut. Die Sicherung der Grundbedürfnisse aller Menschen bleibt daher zu Recht Hauptaugenmerk aktueller Entwicklungspolitik.

Meine Frage an Sie aber zielt auf einen weit zukünftigeren und generellen Rahmen. Der Lebensstandard der Ersten Welt, welcher erst durch einen enormen Verbrauch an natürlichen Ressourcen möglich wird, ist auch in Ansehung zukünftigen technischen Fortschritts nicht im Weltmaßstab übertragbar. Auch die nobelsten Intentionen der Entwicklungszusammenarbeit kommen nicht umhin anzuerkennen, dass die natürlichen Grenzen des Wachstums das Erreichen des hiesigen Lebensstandards für einen Großteil der Entwicklungsländer von vornherein rein faktisch nicht zulassen.

Daher möchte ich Sie fragen, mit welchem ethischen Konzept der Verteilungsgerechtigkeit Sie der Problematik der Grenzen des Wachstums begegnen.
Wie ist Politik ethisch zu rechtfertigen, die davon ausgehen muss, dass die Zukunftserwartung einer Vielzahl von Völkern weit hinter derjenigen unseres Volkes zurückbleibt, aufgrund der Grenzen des Wachstums gar zurückbleiben muss?

Mit vorzüglichen Grüßen,

Christoph Rostig

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rostig,

für Ihre E-Mail vom Dezember möchte ich mich herzlich bedanken. Ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen aufgrund der intensiven Sitzungswochen des Deutschen Bundestages im Dezember und im Januar erst jetzt antworten kann.

Ihre beiden Fragen sind für den Arbeitsbereich der Entwicklungspolitik sehr interessant und wichtig.

Die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung hat in Rio de Janeiro 1992 ein Dreieck der nachhaltigen Entwicklung entworfen. Es umfasst wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit. In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wurde dieses Dreieck noch um die Dimension der politischen Stabilität erweitert. Die Stärkung dieser vier Bereiche in unseren Partnerländern des Südens wollen wir im Rahmen der deutschen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit fördern und unterstützen. Das können wir natürlich nicht allein, die Partnerländer müssen selbst die Hauptanstrengungen unternehmen, um die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2015 zu erreichen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass uns Probleme der Entwicklungsländer, wie Armut, HIV/Aids oder die Versorgung mit Energie auch direkt selbst betreffen. Bekämpfen wir diese Probleme, beugen wir ihren Auswirkungen bei uns in Deutschland und in Europa vor. Entwicklungszusammenarbeit mit den Ländern des Südens liegt daher in unserem wohlverstandenen Eigeninteresse. Darüber hinaus trägt Entwicklungszusammenarbeit zu internationaler Gerechtigkeit und Solidarität bei. Ziel unserer Zusammenarbeit sollte es immer sein, die Lebensqualität in den ärmsten Ländern zu steigern und Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Nur so kann Entwicklungszusammenarbeit verantwortet und ethisch vertreten werden. Unsere Arbeit soll Armut bekämpfen, Frieden sichern, Globalisierung gerecht gestalten sowie die Umwelt schützen und damit nachhaltige Entwicklung fördern.

Dass nachholende Entwicklung möglich ist, zeigt sich an den so genannten Tigerstaaten sowie China und Indien, die vormals selbst Empfänger von Entwicklungsgeldern waren und heute zu den Industrie- bzw. Schwellenländern gehören. Es gibt also durchaus positive Beispiele, dass einstige Entwicklungsländer rapide Fortschritte machen. Der Erfolg dieser Länder beruht vor allem darauf, dass sie sich in den letzten 25 Jahren in die Weltwirtschaft haben integrieren können. Sie haben es geschafft, mit ihren Exportgütern die globalen Märkte zu erobern. Heute leben insgesamt vier Milliarden Menschen in Ländern, die wirtschaftlich sehr schnell aufholen. Für diese Menschen gibt es viel Hoffnung.

Dennoch gibt es im Hinblick auf die sozial gerechte Gestaltung der Weltwirtschaft politisch weiterhin viel zu tun: Es ist unabdingbar, dass wir so schnell wie möglich Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und den Staaten Afrikas sowie des karibischen und pazifischen Raums, den so genannten AKP-Staaten, zustande bringen, die diesen Namen auch wirklich verdienen, und dass insbesondere den Agrarprodukten aus Entwicklungsländern ein quoten- und zollfreier Zugang zu unseren Märkten eröffnet wird. Zudem muss die wettbewerbsverzerrende Subventionspolitik in der europäischen und US-amerikanischen Landwirtschaft beendet werden. Wenn gleichzeitig den AKP-Staaten auch künftig ein Schutz für ihre sensiblen Produkte eingeräumt wird und ihnen bei weiteren Liberalisierungen lange Übergangsfristen gewährt werden, haben sie eine reelle Chance, wettbewerbsfähig am Welthandel teilzunehmen. Das wäre das beste Mittel, die Armut in diesen Ländern und gerade auch in den ländlichen Regionen zu bekämpfen. Hierfür setzt sich die SPD-Fraktion weiterhin ein.

In Ihren Fragen gehen Sie auch auf die Grenzen des Wachstums ein. Deswegen möchte ich auf diesen Aspekt an dieser Stelle noch kurz eingehen. Uns allen ist bekannt, dass Dennis Meadows und seine Mitarbeiter im Jahr 2004 ihre im Jahr 1972 veröffentlichte Studie auf den neuesten Stand gebracht haben. Sie nahmen leichte Veränderungen an ihrem Computermodell vor und errechneten anhand verschiedener Szenarien mögliche Entwicklungen ausgehend vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2100. In den meisten der errechneten Szenarien ergibt sich ein Überschreiten der Wachstumsgrenzen und ein anschließender Kollaps bis spätestens 2100. Die Fortführung des /"business as usual"/ der letzten 30 Jahre führt zum Kollaps im Jahr 2030. Auch bei energischen Fortschritten in den Bereichen Umweltschutz- und Effizienzstandards kann diese Tendenz oft nur abgemildert, nicht aber verhindert werden. Die Studie zeigt, dass erst eine Kombination einer überaus ambitionierten Mischung aus eingeschränktem Konsum, Kontrolle des Bevölkerungswachstums, Reduktion des Schadstoffausstoßes und zahlreichen weiteren Maßnahmen zu einer nachhaltigen Entwicklung mit hoher Lebensqualität bei knapp acht Milliarden Menschen führt. Auf internationaler und nationaler Ebene liegt folglich noch ein langer Weg vor uns, um unsere Eine Welt nachhaltig zu gestalten. Hierfür setzte ich mich politisch ein.

In der Hoffnung, Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Dr. Sascha Raabe