Nachfrage zu Frage vom 27.09.2022: 1. Sind Sie für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht? 2. Wenn ja, haben Sie einen zu dieser Dienstpflicht vergleichbaren Dienst geleistet?
Sehr geehrte Frau Schweizer,
sie befürworten das Gesellschaftsjahr mit schwerwiegenden Eingriffen in das Leben junger Menschen. Warum glauben sie, dass junge Menschen nur unter staatlichem Zwang ihre Persönlichkeit entwickeln können? Sind ihre Aussagen mit dem Grundgesetz Art 2 vereinbar? Haben sie keine weiteren juristischen Bedenken bei der Umsetzung (Stichwort Zwangsarbeit)? Sollten in einem freien Land nicht die Leute selbst entscheiden können, welche Tätigkeiten sie ausüben?
Ich hatte Ender der 90er meinen Wehrdienst geleistet. Geblieben ist der Frust über fehlendes Gehalt, fehlende Wehrgerechtigkeit, verlorene Zeit in der berufsbegleitenden Weiterbildung, was sich im Gesellschaftsjahr in ähnlicher Form wiederholen wird. Wertschätzung vom Staat? Fehlanzeige. Hinzu kamen die unerträglichen Zustände bei der Musterung. Sollte ihres Erachtens die alte Wehrpflicht erst einmal öffentlich komplett aufgearbeitet werden, bevor man sich an ein solches Projekt wie dem Gesellschaftsjahr wagt?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Frage zu meiner Haltung zur Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht.
Wie ich bereits in meiner Antwort vom 27.09.2022 ausgeführt habe, unterstütze ich den Vorschlag der Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres nach Abschluss der schulischen Ausbildung. In einer Zeit, in der sich viele junge Menschen nur noch in ihren digitalen und sozialen Echokammern bewegen, kann gerade ein Gesellschaftsjahr einen wichtigen Beitrag zu der in Art. 2 des Grundgesetzes verankerten freien Entfaltung der Persönlichkeit und damit auch für den langfristigen Erhalt unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft leisten.
Mit Blick auf die Neigungen und Interessen der jungen Menschen sollte der Dienst möglichst flexibel absolviert werden können. Dabei kommen soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, die Bundeswehr, Organisationen des Zivilschutzes wie das THW oder die Feuerwehr, anerkannte Hilfsorganisationen, kulturelle Institutionen sowie Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände infrage. Auch aufgrund der umfassenden Wahlfreiheit ist das Konzept des Gesellschaftsjahres somit nicht mit der von Ihnen angesprochenen früheren Wehrpflicht vergleichbar. Selbstverständlich sollte dem Dienst seitens des Staates mit einem attraktiven Dienstgeld auch finanziell eine angemessene Wertschätzung entgegengebracht werden.
Ich selbst habe keinen vergleichbaren Dienst geleistet. Jedoch engagiere ich mich ehrenamtlich im Verein Schwabenkitz e.V., den ich gegründet habe und dem ich als Co-Vorsitzende vorstehe, für den Tier-, Arten- und Naturschutz.
Freundliche Grüße
Sarah Schweizer