Portrait von Sabine Wils
Sabine Wils
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sabine Wils zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Jenny R. •

Frage an Sabine Wils von Jenny R. bezüglich Jugend

Sehr geehrte Frau Sabine Wils,
mein Name ist Jenny Rauscher, ich bin 16 Jahre alt und gehe auf die Mädchenrealschule Sankt Klara in Rottenburg am Neckar. Ich besuche die 10. Klasse und muss dieses Jahr meine Fächerübergreifende Kompetenzprüfung mit dem Thema Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch in unserer Gesellschaft und Position der katholischen Kirche abhalten. Zu diesem Thema möchte ich verschiedene Stellungnahmen der Politikern bzw. Parteien einholen und vorstellen. Hierbei möchte ich besonders das Thema Schwangerschaftsabbruch hervorheben und kritisieren oder gutheißen. Nebenbei bitte ich Sie um eine ehrliche Stellungnahme Ihrer Person oder auch Partei. Ich bedanke mich im voraus Herzlich bei Ihnen für Ihre Zeit und Stellungnahme zu diesem umstrittenen Thema.
Mit freundlichen Grüßen,
Jenny Rauscher

Portrait von Sabine Wils
Antwort von
DIE LINKE

Liebe Jenny Rauscher,

ich meine, dass es eindeutig das Recht einer jeden Frau ist, selbst über ihren Körper zu bestimmen und eine ungewollte Schwangerschaft legal beenden zu können. In der DDR konnten Frauen bereits seit dem Jahr 1972 innerhalb der ersten 12 Wochen legal einen Abbruch vornehmen lassen. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies mittlerweile auch möglich.

Heute sind Schwangerschaftsabbrüche juristisch zwar immer noch eine Straftat, aber sie werden in bestimmten Ausnahmefällen nicht strafrechtlich verfolgt. Das Bundesverfassungsgericht hat sich 1992 dafür ausgesprochen, Schwangerschaftsabbrüche staatlich zu missbilligen.

Hiervon gibt es legale Ausnahmen:

1. Eine Frau kann straffrei eine Abtreibung in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft vornehmen lassen. Voraussetzung ist allerdings eine Pflichtberatung mit einer anschließenden Bedenkfrist von drei Tagen. Die Kosten des Abbruchs muss die Frau selbst tragen. Bei geringem Nettoeinkommen (derzeit ca. 966 EUR in Westdeutschland und 941 EUR in Ostdeutschland) übernehmen die Länder die Kosten auf Antrag.

2. Im Falle einer Vergewaltigung kann eine Frau auch ohne Zwangsberatung bis zur 12. Woche einen Abbruch vornehmen lassen.

3. Die Frist spielt keine Rolle, wenn es medizinische Gründe für den Abbruch gibt, wenn also die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren gefährdet oder aus ärztlicher Sicht mit einer erheblichen gesundheitlichen Schädigung des Kindes zu rechnen ist. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse.

Allerdings hat der Bundestag im Mai 2009 eine Verschärfung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes für sogenannte Spätabbrüche beschlossen. Bei diesen medizinisch indizierten Abbrüchen nach der 12. Woche gibt es nunmehr eine faktische Pflichtberatung mit anschließender dreitägiger Bedenkfrist.

Jede schwangere Frau hat das Recht, allein und ohne staatliche Bevormundung oder Belehrungsversuche über sich und ihren Körper zu entscheiden. Bei der Frage der Spätabbrüche hat sich DIE LINKE gegen die Verschärfung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes ausgesprochen. Späte Schwangerschaftsabbrüche sind seltene Schicksalsschläge und persönliche Entscheidungen. Die LINKE setzt sich nach wie vor uneingeschränkt für das Recht von Frauen auf sichere und legale Schwangerschaftsabbrüche ein.
Dazu gehört unbedingt auch, dass die Kosten für die Abtreibung übernommen werden, wenn die betroffene Frau das Geld dafür nicht hat. Ohne eine solche Regelung über eine finanzielle Unterstützung liefe für Frauen das Selbstbestimmungsrecht, welches im Grundgesetz verankert ist, ins Leere.

Der Straftatsbestand der Abtreibung in den Paragraphen 218 und 219 des Strafgesetzbuches soll nach Forderung der LINKEN ersatzlos gestrichen werden, es sei denn eine Abtreibung wird gegen den Willen der Schwangeren vorgenommen.
Bei der Debatte um die Spätabbrüche machte DIE LINKE alternative Vorschläge zur Stärkung der Frauen in ihrem Selbstbestimmungsrecht. Dazu gehört, dass über das Recht auf eine freiwillige Beratung im Mutterpass informiert wird. Beratung sollte Frauen auch für die vorgeburtliche Diagnostik rechtmäßig angeboten werden, sodass sie informiert Untersuchungen zustimmen oder ihr Recht auf Nichtwissen einfordern können. Darüber hinaus fordern wir bessere Bedingungen für Kinder mit Behinderungen und für ihre Eltern.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Stellungnahme weiterhelfen konnte, sich ein eigenes Bild zum Thema Schwangerschaftsabbruch zu machen.

Herzliche Grüße

Sabine Wils