Frage an Sabine Wils von Jenny M. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Sabine Wils!
Der Contergan-Skandal war einer der aufsehenerregendsten Arzneimittelskandale in der Bundesrepublik Deutschland und wurde in den Jahren 1961 und 1962 aufgedeckt. Durch die schädlichen Nebenwirkungen des Beruhigungsmedikaments Contergan, das den Wirkstoff Thalidomid enthält, war es zu Schädigungen bei einer großen Zahl von Ungeborenen gekommen. Betroffenenverbände sehen die Würde der 2800 noch heute lebenden deutschen Conterganopfer durch das Verhalten der in NRW ansässigen Verursacherfirma Grünenthal und der Bundesregierung verletzt, da ausgerechnet in Deutschland weltweit die geringsten Zahlungen an die Opfer geleistet werden und eine ausreichende Entschädigungszahlung Vorraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben der teilweise schwerstbehinderten Menschen ist. Meine Frage hierzu: Inwieweit können sie als Angehörige des EU-Parlaments dafür sorgen, dass eine europaweite Gleichbehandlung der Conterganopfer verwirklicht wird?
Sehr geehrte Frau Müller,
ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Der Contergan-Skandal ist mir seit meiner Jugend bekannt. Eine Kollegin aus meinem früheren Arbeitsumfeld ist eine sehr engagierte Betroffene. Nicht nur daher ist mir sehr deutlich geworden, dass die Betroffenen ihr Leben lang unter den Folgen leiden und ihnen politische Unterstützung zusteht.
Ich teile selbstverständlich den Standpunkt, dass die Firma Grünenthal als Verursacher dieser Katastrophe den Opfern ein Leben in Würde ermöglichen muss. Dazu gehört, dass Grünenthal finanzielle Sorgen von den Opfern fernhält. Dies impliziert, dass nicht nur die Kosten unmittelbarer Schäden übernommen werden, sondern auch alle Kosten von Folgeschäden wie beispielsweise Beschwerden durch jahrelange atypische Bewegungen, Überdehnungen und vorzeitige Abnutzungen von Knochen und Knorpeln. Der Bundesverband Contergangeschädigter e.V. sieht bereits die mühsam erkämpfte Selbstständigkeit der mittlerweile um die 50 Jahre alten Opfer in Gefahr.
Der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des europäischen Parlaments befasst sich derzeit mit dem Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der Pharmakovigilanz (KOM(2008) 665). Hier geht es jedoch um die Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel hinsichtlich der laufenden und systematischen Überwachung der Sicherheit von zugelassenen Arzneimitteln.
Konkret kann ich als Abgeordnete des Europäischen Parlaments nicht auf eine europaweite Gleichbehandlung der Conterganopfer hinwirken. Da ich die Positionen der Contergangeschädigten teile, sichere ich Ihnen politische Unterstützung zu.
Ergibt sich die Gelegenheit, werde ich mich im Sinne der Opfer im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit zu Wort melden und gerne nehme ich auch Vorschläge für Aktionen oder andere Maßnahmen von Ihnen entgegen. Zusätzlich möchte ich Sie in diesem Zusammenhang auf meinen Kollegen im Deutschen Bundestag, den Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, hinweisen, sofern er Ihnen nicht schon ohnehin als Experte in Angelegenheiten, die Schwerbehinderte betreffen, bekannt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Wils
Sabine Wils, MEP, DIE LINKE.