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Sabine Sütterlin-Waack
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Frage von Dietrich T. •

Frage an Sabine Sütterlin-Waack von Dietrich T.

Sehr geehrte Frau Sütterlin-Waack!

Laut einem Flensburger-Tageblatt-Artikel sollen Sie bisher alle Fragen auf der Plattform Abgeordnetenwatch beantwortet haben. Außerdem ist das ja auch richtig und wichtig, da Sie ja mich stellvertretend in der Bundespolitik vertreten sollen. Ihr Vorgänger Wolfgang Börnsen hat immer gegen einen Einsatz der Bundeswehr im Ausland gestimmt, Sie aber immer dafür. Warum?
Damit verstoßen Sie eindeutig gegen das Grundgesetz, Artikel 87a und 115. Da helfen auch nicht Entscheidungen des Bundes-Verfassungsgerichts, wenn dieses gar nicht dem Wortlaut des Grundgesetzes sondern willfährig dem politischen Willen folgt.
Da die NATO inzwischen gar kein Verteidigungsbündnis mehr ist, sondern ein Angriffsbündnis – erstmals deutlich erkennbar im Kosovo-Krieg und seitdem immer wieder – widerspricht die Mitgliedschaft Deutschlands den oben angegebenen Artikeln des Grundgesetzes. Somit werden diejenigen, die Einsätze außerhalb des NATO-Gebiets beschließen, zudem straffällig nach § 18 des StGB. Wie stehen Sie als Juristin dazu?
Ich wünsche mir, dass Sie vor so weitreichenden Entscheidungen wie ein Kriegseinsatz Deutschlands die Meinung ihres Wahlkreises ermitteln. Ich weiß, dass ein Abgeordneter nur seinem Gewissen verantwortlich ist. Aber wo bleibt dann die Demokratie, also die Mitbestimmung des Volkes? Was ist, wenn ein Abgeordneter gar kein Gewissen hat? Was ist, wenn ein Abgeordneter vor seiner Wahl etwas anderes verspricht, als er nachher hält bzw. sogar halten will? Damit sich keine Demokratie- und Politikverdrossenheit breitmacht, sollten Sie sehr auf den Willen ihrer Wähler bzw. der Menschen in Ihrem Wahlkreis erfragen und beachten!
Warum sind gerade heute Frauen die maßgeblichen Kriegsbefürworter – H. Clinton, A. Merkel, U. v. d. Leyen und Sie? Frieden durch Waffeneinsatz zu schaffen, ist widersinnig, weil damit der Keim zum nächsten Krieg und zu weiteren gelegt wird.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Terasa,

Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:

I. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Einsätzen nach Maßgabe des Art. 24 Abs. 2 GG (also innerhalb von NATO- oder UN-Mandaten) hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 geklärt. Darüber hinaus enthält dieses Urteil die Grundlegung für den Parlamentsvorbehalt für den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Konkret heißt es in BVerfGE 90, 286 - Out-of-area-Einsätze dazu:

1. Die Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 GG berechtigt den Bund nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit und zur Einwilligung in damit verbundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Sie bietet vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einem solchen System typischerweise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln dieses Systems stattfinden.

2. Art. 87a GG steht der Anwendung des Art. 24 Abs. 2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nicht entgegen.

3.a) Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte die grundsätzlich vorherige konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. (…)

II. Unsere „Väter“ des Grundgesetzes haben aus den Lehren der Geschichte die Rechte einer direkten Demokratie zugunsten einer repräsentativen Demokratie eingeschränkt. Die Bürgerinnen und Bürger haben also alle vier Jahre die Wahl, genau dem Repräsentanten ihr Vertrauen auszusprechen, der ihren Vorstellungen entspricht. Dabei haben unterlegene Kandidaten ggf. die Konsequenzen für falsche Versprechen oder ungebührliches Verhalten zu tragen. Im Übrigen verweise ich auf meine Antworten zum Thema Demokratie und Bürgerrechte auf diesem Portal.

Das heißt: Ein Verstoß gegen das Grundgesetz liegt nicht vor – weder durch mich als Abgeordnete noch durch das Verteidigungsbündnis Nato. Demokratie und Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger sind gewährleistet.

Im Übrigen verwahre ich mich entschieden dagegen – und dabei erlaube ich mir auch für unsere Bundeskanzlerin zu sprechen – Kriegsbefürworterin zu sein.

Der Bundeswehreinsatz im Kosovo beruht auf einer UN-Konvention (1244) und hat nachweislich Fortschritte bei der Befriedung der ethnischen Konflikte und der Demokratisierung erkennbar werden lassen. Auch die am 1. Juni dieses Jahres beschlossene Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes im Libanon als Beteiligung an der United Nations Interim Force in Lebanon (UNIFIL) dient als Hilfe zur Sicherstellung des Zugangs humanitärer Helfer zur Zivilbevölkerung. In diesen Einsätzen leistet die Bundeswehr herausragende Arbeit. Hiervon konnte ich mich als Abgeordnete selbst überzeugen. Die Tornados aus Jagel, als drittes Beispiel schließlich, leisten Luftaufklärung für andere Staaten. Auch wenn diese die Erkenntnisse möglicherweise für Luftschläge verwenden, ist die Luftwaffe nicht an solchen direkt beteiligt.

Zum Schluss bleibt für mich Punkt 3a. der BVerfGE 90 entscheidend: Die zwingende Zustimmung des Bundestages. Wenn die Debatte und die Notwendigkeiten mich dort überzeugen, werde ich auch in Zukunft – anders als mein Vorgänger – für den Einsatz der Bundeswehr im Ausland stimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Sütterlin-Waack