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Sabine Sütterlin-Waack
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Frage von maria zachow o. •

Frage an Sabine Sütterlin-Waack von maria zachow o. bezüglich Verkehr

Werden Sie etwa für eine Privatisierung von Autobahnstrecken stimmen??

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Zachow Ortmann,

ich habe den Grundgesetzänderungen zugestimmt, auch wenn es mir sicherlich nicht leicht gefallen ist. Das habe ich auch in einer persönlichen Erklärung zu den entsprechenden Tagesordnungspunkten kundgetan. Meine Zustimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) sowie zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichsystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften stellt aber kein „Ja“ zu Autobahnprivatisierungen dar.

Die Grundgesetzänderungen werden nicht zur Folge haben, dass die Bundesautobahnen privatisiert werden. Materiell und funktional werden die Bundesautobahnen vollständig im Eigentum des Bundes bleiben und zwar in der Rechtsform einer GmbH. Ebenfalls wird auch keine Beteiligung Dritter bei der Infrastrukturgesellschaft oder Tochtergesellschaften möglich sein. Sowohl im Grundgesetz als auch in den Begleitgesetzen ist festgehalten, dass sich Dritte an der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften nicht beteiligen können, auch nicht mittelbar. Ausschließlich bis zu einer Länge von 100 Autobahnkilometern sind öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) weiterhin möglich. Diese sogenannten ÖPP-Projekte sind aber auch ohne Gesetzesänderung bereits möglich gewesen. Bundesweit gibt es derzeit 11 Projekte dieser Art. Dieser Beschaffungsvariante wird allerdings durch den Ausschluss von sogenannten „Netz-ÖPP“ im Grundgesetz ein Rahmen gesetzt.

Sie als Bürger werden nicht mehrfach für den Ausbau und den Erhalt der Bundesautobahnen zahlen müssen. Der Erhalt und Ausbau der Bundesautobahn wird auch weiterhin vom Staat betrieben, an die Stelle der Länder tritt nun aber der Bund. Durch die Infrastrukturgesellschaft wird es möglich sein, die Verwaltung, der immerhin 13.000 km Strecke umfassenden Bundesautobahnen, erheblich effizienter zu gestalten. Wir sehen in den Änderungen auch die Möglichkeit, unabhängig von Bundesland und Region, eine gleichwertige Infrastruktur im Bereich der Bundesautobahnen zu schaffen. Vernünftig ausgebaute Autobahnen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Ohne Erneuerung und Ausbau bremsen wir Wachstum, Wohlstand und Mobilität. Unterschiedliche infrastrukturelle Ausgangsbedingungen in der Bundesrepublik sind nicht hinnehmbar. Die Einrichtung einer zentralen bundeseigenen Betreibergesellschaft halte ich deshalb unter Effizienzgesichtspunkten für eine richtige Maßnahme.

Gleichzeitig wurden Regelungen getroffen, um das Parlament bei der Gründung der Gesellschaft eng einzubinden und ihm weitreichende Informations- und Kontrollrechte zu gewähren. Dies geschieht u.a. durch die parlamentarische Zustimmungspflicht zum Gesellschaftsvertrag sowie zum fünfjährigen Finanz- und Realisierungsplan.

Die Kontrolle der Gesellschaft wird durch Vertreter des Bundestags im Aufsichtsrat sowie einem Auskunftsrecht des für die Beteiligungsführung zuständigen Gremiums des Deutschen Bundestags sichergestellt. Der Bundesrechnungshof erhält zudem weitrechende Kontrollrechte bei der Gesellschaft und seinen Tochtergesellschaften.

Dennoch sehe ich die Kompetenzüberführung im Bereich der Bundesautobahnen nicht kritiklos. Dies hat aber mehr mit meinem Staatsverständnis als mit praktischen Überlegungen zu tun. Grundsätzlich sind die Erfüllung von staatlichen Aufgaben und die Ausübung staatlicher Befugnis Ländersache. Seit 1969 hat es jedoch durch verschiedene Grundgesetzänderungen eine Verschiebung der Kompetenzen zum Bund hin und weg von den Ländern gegeben. Im Gegenzug erhielten die Bundesländer über den Bundesrat größere Mitwirkungsrechte in der Bundesgesetzgebung. Dies alles bewirkte, dass es den Bürgerinnen und Bürger erheblich schwerer fiel ein Urteil über die politischen Akteure der jeweiligen Entscheidungsebenen zu bilden und anschließend auf dieser Grundlage ihre demokratischen Teilhaberechte in Wahlen und Abstimmungen auszuüben.

2006 wurde dann mit der Föderalismusreform I versucht, die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte zu korrigieren, um wieder eine deutlichere Trennung der Verantwortlichkeiten zu schaffen.

Mit den nun vom Bundestag verabschiedeten Grundgesetzänderungen wurden meiner Meinung nach teilweise diese Reformbemühungen von 2006 konterkariert. Stark verkürzt formuliert büßen die Bundesländer gewisse Kernkompetenzen ein, erhalten im Gegenzug aber deutlich mehr finanzielle Mittel vom Bund. Der Bund darf nunmehr sanierungsbedürftigen Schulen Finanzhilfe leisten, was vorher reine Ländersache war, und wird, wie bereits erläutert, zukünftig die Bundesautobahnen verwalten. Dies sind erhebliche Einschnitte in die Kompetenzen der Länder. Aus staatstheoretischer Sicht halte ich die Änderungen für problematisch. Jedoch muss man auch in Betracht ziehen, dass alle Bundesländer für die Änderungen gestimmt haben, beziehungsweise einige Länder sogar darum gebeten haben. Es ist zudem leider festzustellen, dass die Länder teilweise ihrer Verantwortung nicht mehr vollumfänglich nachkommen können oder wollen. Das äußert sich darin, dass es kaum noch leistungsfähige Landesverwaltungen für die Planung und den Unterhalt von Bundesautobahnen gibt oder der kommunale Finanzausgleich nicht derart gestaltet wird, dass besonders finanzschwache Kommunen in die Lage versetzt werden, ihre Schulgebäude zu unterhalten.

Als Abgeordnete des Bundestages stand ich daher vor der Entscheidung, aus verfassungspolitischer Sicht gegen die Änderung zustimmen und damit weiterhin die Missstände in den Ländern zu dulden oder den Änderungen zuzustimmen und hinzunehmen, dass sich unsere bundesstaatliche Ordnung wieder in eine Richtung entwickelt, die ich für problematisch halte. Um den erheblichen Reformstau der Bundesländer langsam aufzuarbeiten, entschied ich mich für die Änderungen des Grundgesetzes zu stimmen. Ich verbinde mit meiner Zustimmung die Hoffnung, dass wir im Dialog zwischen Bund und Länder zukünftig wieder einen Konsens finden, um eine weitere Aushöhlung unseres föderalen Systems zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Sütterlin-Waack