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Sabine Sütterlin-Waack
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Frage von Marco U. •

Frage an Sabine Sütterlin-Waack von Marco U.

Sehr geehrte Frau Dr. Sütterlin-Waack,

Bitte erklären Sie mir warum Sie für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben.

Lieben Dank,
Marco Ulbricht

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ulbricht,

in meinen zwei Jahren rechtspolitischer Tätigkeit im Deutschen Bundestag ist mir kaum ein Thema begegnet, welches intensiver oder auch emotionaler diskutiert wurde als die Vorratsdatenspeicherung. Ich meine, dies auch zu Recht. Die Vorratsdatenspeicherung stellt einen Eingriff in die Grundrechte, in das Recht der informationellen Selbstbestimmung dar, der gut begründet werden muss. Gesetze, die Grundrechte unmittelbar berühren müssen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein.

Das jetzt beschlossene neue Gesetz entspricht diesen Kriterien. Deshalb habe ich ihm zugestimmt.

Warum brauchen wir die Vorratsdatenspeicherung? Es geht hier nicht um Generalverdacht, generelle Überwachung, Meinungskontrolle oder das Erstellen von Bewegungsprofilen. Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Ermittlungsinstrument, ein Mittel unter anderen, mit dessen Hilfe Beweise gefunden werden können, die dann wieder Täter überführen können. In der Regel sind Verbindungsdaten ein Hebel, ein erster Ermittlungsansatz. Manchmal sind sie aber auch sehr entscheidend, wie z.B. beim sogenannten Flensburger Bahnhofsfall. Hier konnte der Täter, der einen Mord begangen hatte, mit Hilfe einer Funkzellenabfrage überführt werden. Es existieren aber auch anderseits Fälle, bei denen aufgrund einer Abfrage von Telekommunikationsdaten eine Täterschaft ausgeschlossen werden konnte.

Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung auch, weil wir eine „Waffengleichheit“ mit den Tätern herstellen wollen. Im Bereich des Kindesmissbrauchs und der Kinderpornographie lassen sich Ermittlungsansätze bald nur noch in der digitalen Welt finden. Dem wehrhaften Rechtsstaat muss hier ein geeignetes Instrument an die Hand gegeben werden.

Bislang galt, was die Regelungen zur Speicherung der Telekommunikationsdaten bei den Unternehmen anging, das Prinzip Zufall. Die Unternehmen speicherten zwar oftmals aus kommerziellen Gründen Verbindungsdaten, genaue Regelungen zu Speicherfristen gab es aber nicht. Ich bin der Meinung, dass wir hier klare Regelungen brauchen.

Im europäischen Vergleich fallen die jetzt vereinbarten Regelungen äußerst restriktiv aus: Telekommunikationsunternehmen müssen Verbindungsdaten (Rufnummer, Datum und Uhrzeit eines Telefonats, zugewiesene IP-Adressen, Zeit/Dauer der Verbindung) für zehn Wochen und Standortdaten, also den Funkzellenaufenthalt, für vier Wochen speichern.

Es geht hier nicht um Inhalte der Kommunikation, nicht um E-Mails und deren Inhalte, es geht lediglich um die Verbindungsdaten. Hinzu kommt, dass Betroffene, deren Daten abgefragt werden, benachrichtigt werden müssen und dass die Daten nach Ablauf der Höchstspeicherfristen von den Telekommunikationsunternehmen gelöscht werden müssen. Bei Nichteinhaltung drohen den Unternehmen empfindliche Bußgelder. Der Staat selbst speichert auch jetzt keine Daten!

Wir haben enge rechtliche Grenzen für die Vorratsdatenspeicherung gefunden: Kurze Speicherfristen geben den Rahmen vor, auf Daten darf nur bei schweren Straftaten zugegriffen werden, Inhalte werden nicht gespeichert, die Staatsanwaltschaft bekommt keine Eilkompetenz, die Daten müssen im Inland gespeichert werden und vor allem steht der Richtervorbehalt. Es gibt keinen Datenabruf ohne richterlichen Beschluss. Zudem gilt für Berufsgeheimnisträger, wie z.B. Seelsorger, Ärzte oder Anwälte ein Erhebungs- und Verwertungsverbot.

Ich bin der Meinung, dass wir einen guten Kompromiss zwischen Grundrechten auf der einen Seite und den Erfordernissen einer effektiven Strafverfolgung auf der anderen Seite gefunden haben. Dem engen Vorgabenrahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung werden wir vollumfänglich gerecht. Auch hier möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Regelung aus dem Jahr 2007 nicht per se für verfassungswidrig erklärt hat. In seiner Entscheidung hat das BVerfG einen rechtlichen Rahmen aufgezeigt, in welchem eine Speicherung und ein Abruf von Verbindungsdaten zulässig sind. Wir haben uns mit dem neuen Gesetz an diesen Rahmen gehalten beziehungsweise schöpfen wir ihn bei weitem nicht aus.

Sehr geehrter Herr Ulbricht, Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen ausreichend darstellen, warum ich für das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten gestimmt habe.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Sütterlin-Waack