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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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Frage von Stefan P. •

Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Stefan P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,

Da mir ein Kollege von Ihnen auf meine Fragen nicht explizit einging, möchte ich mich an Sie wenden.

In der EU soll die Todesstrafe absolut abgeschafft sein. Nun habe ich ein Problem. Beim 13. Zusatzprotokoll der EMRK stolperte ich über Art. 4, der den räumlichen Geltungsbereich regelt. Für mich tauchen nun folgende Fragen auf:

1. Zu Art.4 –1: Hat die BRD bei der Ratifizierung einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnet, auf die dieses Protokoll Anwendung findet? Wenn ja, welche?

2. Zu Art.4 –2/3: Ist es richtig, wenn ich schlussfolgere, dass durch Rücknahme oder Änderung der in Absätzen 1 und 2 abgegebenen Erklärung Art. 1 des 13. Zusatzprotokolls außer Kraft gesetzt wird?

3. Wird nach Art. 3, der Vorbehalte nach Art. 57 der Konvention definitiv nicht zulässt, Art. 4 des 13. Zusatzprotokolls nicht automatisch gegenstandlos?

4. Ist es falsch, wenn ich schlussfolgere, dass praktisch nach 3 Monaten die Todesstrafe durch die Hintertüre wieder eingeführt werden kann?

5. Haben die Zusatzerklärungen überhaupt Rechtswirkung? Wenn nicht, welchen Sinn machen sie?

Danke für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichem Gruß

Stefan Pahl

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Pahl,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 06. Juli 2008.

Die Todesstrafe soll nicht nur in der EU abgeschafft, sondern in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention, die das 13. Zusatzprotokoll unterzeichnet haben. Das sind zurzeit alle Mitgliedstaaten außer Russland und Aserbaidschan.

Die Bundesrepublik Deutschland hat keine Erklärungen zum räumlichen Geltungsbereich des 13. Zusatzprotokolls gemacht, es bindet die deutsche Staatsgewalt somit uneingeschränkt.

Erklärungen nach Art. 4 des 13. Zusatzprotokolls können nicht Art. 1 des Protokolls völlig außer Kraft setzen. Solche Erklärungen können lediglich einzelne Hoheitsgebiete aus dem Geltungsbereich ausnehmen, nicht jedoch auf das gesamte Hoheitsgebiet des Unterzeichnerstaates ausgedehnt werden.

Art. 3 und 4 des Zusatzprotokolls stehen aber nicht im Widerspruch zueinander. Das Verbot des Art. 3 des Zusatzprotokolls bezieht sich lediglich auf Vorbehalte im Sinne des Art. 57 EMRK. Damit sind Vorbehalte gegen vertragliche Bestimmungen des Europarates gemeint, die im Widerspruch zu innerstaatlichem Recht der Mitgliedstaaten stehen. Art. 4 des Zusatzprotokolls hingegen erlaubt nur eine territoriale Begrenzung des Geltungsbereiches des 13. Zusatzprotokolls, es stellt somit keinen Vorbehalt im Sinne des Art. 57 EMRK dar.

Erklärungen nach Art. 4 des Zusatzprotokolls haben natürlich rechtliche Wirkung, so haben zum Beispiel Dänemark und Großbritannien durch eine solche Erklärung den territorialen Geltungsbereich des Zusatzprotokolls im Nachhinein beträchtlich erweitert.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger