Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Christoph S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger
Ich frag Sie das folgende, weil Sie für die FDP im Justizauschuss sitzen:
Kann es sein, dass alle Äusserungen und Angaben, die im Bundestag oder bei der Bundesregierung bei Planungen an öffentlichen Investitionen oder Gesetzentwürfen gemacht werden, nur politische Meinungs-Äußerungen sind, die letzlich alle nur Theaterdonner und unverbindlich sind?
Oder müssen technische und kaufmännische Auskünfte der Wahrheit entsprechen bzw. mit sehr großer Sorgfalt ermittelt werden?
Muss der, der eine falsche Behauptung macht, dafür haften, d.h. ein falsch Auskunft gebendes Unternehmen kann ein paar Jahre keine Dividende mehr bezahlen, oder derjenige muss Privatkonkurs anmelden oder aber wird gar für die Falschaussage vor einem Verfassungsorgan eingesperrt.
Denn für Bürger und Staatskasse kann eine Falschaussage sehr hohe Folgeschäden verursachen.
Könnten Sie sich dafür erwärmen, Falschaussagen im Gesetzgebungsverfahren in Zukunft (härter) zu bestrafen?
Gruß CS
Sehr geehrter Herr Strebel,
vielen Dank für Ihre Frage vom 22. Februar 2008.
Selbstverständlich sind die Äußerungen der Abgeordneten im Bundestag oder in der Bundesregierung lediglich politische Meinungsäußerungen. Die parlamentarische Demokratie, wie wir sie in Deutschland haben, lebt eben von Meinungsäußerungen und Debatten, das heißt von Konsens und Dissens.
Derzeit wird die Bevölkerung durch 613 Abgeordnete im Bundestag repräsentiert, die versuchen müssen Mehrheiten, zu bilden, damit Entscheidungen gefällt werden können. Zunächst einmal sind die Politiker aber lediglich ihrem Gewissen unterworfen, dass heißt, sie können jede Meinung vertreten, die sie wollen, solange sie diese vor sich selbst rechtfertigen können. Wie es auch jeder Bundesbürger kann -- kurz: das Prinzip des Pluralismus.
Letztendlich sind somit alle Äußerungen unverbindlich, solange sie nicht in Form eines Gesetzes vorliegen.
Dass Abgeordneten aber auch eine Sorgfaltspflicht obliegt, dass versteht sich von selbst. Und auch der Wahrheit vor Gericht sind sie selbstverständlich verpflichtet, egal ob sie Politiker auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene sind.
Aber die Bestrafung für eine Äußerung während des Gesetzgebungsverfahrens ist weder möglich noch wünschenswert.
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger