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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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Frage von Helfried D. •

Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Helfried D. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Leutheusser- Schnarrenberger,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 15.10.07.
Dies soll und kann kein Dauerdialog werden, aber ich bitte Sie um Verständnis, daß ich auf Ihre Antwort noch einmal eine Frage stelle.
Eine juristische Bewertung der Rückgliederung von Übersiedlern und DDR- Flüchtlingen, die vor dem Mauerfall in die alte Bundesrepublik gekommen sind, haben Sie in Ihrer Antwort leider vermieden.
Nachdem diesem Personenkreis die DDR-Staatsbürgerschaft entzogen worden war, werden sie von der Bundesregierung wieder zu Bewohnern des Beitrittsgebietes erklärt, also wird ihnen faktisch die bundesdeutsche Staatsbürgerschaft, die sie bereits erlangt hatten, zunächst einmal partiell wieder entzogen, um ihnen Rentenanwartschaften aus der DDR, auf die sie keinen Anspruch mehr haben, zu „übertragen“.
Als früherer Justizministerin und Juristin, die zur Richterin am BverfG vorgeschlagen worden ist, sollte Ihnen die rechtliche Bewertung dieses wohl einmaligen und unglaublichen Vorgangs eigentlich nicht schwerfallen.
Ihre politisch begründete Antwort stützen Sie auf die Forderung einer Beitragsbezogenheit der Rentenbezüge.
In der DDR gab es 19 Sonderversorgungssysteme, die aus politischen Gründen existierten, darunter auch solche für NVA, Grenztruppen und Stasi. Sie alle wurden in Bundesrecht überführt und sind nicht beitragsbezogen.
Vor der Wiedervereinigung gab es in der Bundesrepublik für alle, die die DDR, meist unter Inkaufnahme materieller Verluste, verlassen hatten, das Fremdrentengesetz, quasi auch ein „Sonderversorgungssystem“, das aus nachvollziehbaren sozialpolitischen Gründen ebenfalls nicht beitragsbezogen war.
Ausgerechnet dieses einzige bundesdeutsche „Sonderversorgungssystem“ ist nun im Zuge der Wiedervereinigung abgeschafft worden.
Können mir Sie als Mitglied der Partei, die gern als Gerechtigkeitspartei bezeichnet werden möchte, diesen doppelten Paradigmenwechsel erklären?

Mit freundlichen Grüßen
Helfried Dietrich

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dietrich,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 31. Januar 2009. Ich freue mich sehr, dass Sie der FDP eine entscheidende Rolle bei der Behandlung dieser wichtigen und komplizierten Angelegenheit zukommen lassen möchten. Ihre Anregungen nehme ich gern auf.

Mit dem von Ihnen angesprochenen Antrag 16/11236 hat die FDP-Bundestagsfraktion einen Vorschlag vorgelegt, um eine ziemlich schwierige und unbefriedigende Rechtslage aufzulösen.

Mit dem Rentenüberleitungsgesetz wurden die Rentenansprüche von Übersiedlern aus der Zeit vor 1990 vom RÜG auf das SGB VI umgestellt. Diesen Schritt kann man berechtigter Weise kritisieren, er ist aber in dem äußerst komplexen Vereinigungsprozess der beiden Rentenrechtssysteme vorgenommen worden. Folge dieses Schrittes ist, dass einige der Übersiedler aus der Zeit vor 1990 besser gestellt wurden als nach der bis dahin geltenden FRG-Regelung. Solche Übersiedler aber, die nicht mehr in die FZR eingezahlt hatten, stehen nun schlechter da, als wenn die FRG-Regelung weitergelten würde.

Diesen Sachverhalt hat die FDP-Bundestagsfraktion als unbefriedigend erkannt. Denn gerade die Übersiedler haben große Schwierigkeiten und Ungewissheiten für sich und ihre Familien auf sich genommen, um ein freies Leben in der Bundesrepublik leben zu können.

Eine einfache Rückkehr zum Recht des FRG ist nicht mehr möglich. Denn würde das FRG wieder für alle Übersiedler angewandt, würden diejenigen schlechter gestellt, die seither von der Umstellung auf das SGB VI profitiert haben. Ein Wahlrecht zu lassen zwischen SGB VI und FRG ist ebenfalls nicht möglich. Ein solches Wahlrecht wurde bisher noch keiner Versichertengruppe zugestanden. Es würde von den anderen Versicherten als eine schwer erklärbare Besserstellung empfunden.

Vor diesem Hintergrund hat die FDP-Bundestagsfraktion vorgeschlagen, dass durch die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zur FZR die Übersiedler das nachholen können sollen, was sie in der Zeit vor der Übersiedlung aus berechtigten Überlegungen nicht tun wollten, nämlich Beiträge in die Sozialversicherung einzahlen. So könnten einerseits die Lücken in den Rentenbiografien geschlossen werden. Andererseits würde – und das ist aus unserer Sicht ein ganz wesentlicher Punkt - die Systematik der Rentenüberleitung gänzlich beibehalten und weitere Widersprüchlichkeiten sind ausgeschlossen.

Ob eine Nachversicherungslösung gerecht und für die Betroffenen interessant ist, entscheidet sich mit der Ausgestaltung der Modalitäten der Nachversicherung. Dabei sollten sich die nachzuzahlenden Beiträge nach unserer Vorstellung an dem orientieren, was die Nachzuversichernden zum damaligen Zeitpunkt hätten zahlen müssen. Wir gehen davon aus, dass so mit vergleichsweise niedrigen Beitragsnachzahlungen das gewünschte Ziel der Schließung von Rentenlücken erreicht werden kann.

Ich bitte Sie, unseren Vorschlag unter diesen Gesichtspunkten zu bewerten.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger