Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Joachim P. bezüglich Recht
Der BGH hat die Assekuranzen in Deutschland nach jüngst ergangenem rechtskräftigen Urteil zur Transparenz in ihrem Finanzgebaren gegenüber dem Verbraucher und dem Staat verpflichtet.
Frage:
Sollte der Banken-und Sparkassensektor in Deutschland in gleicherweise zur Transparenz in seinem Finanzgebaren insbesondere bei der Gestaltung seiner Zinsstruktur für Dispostionskredite (s.a. Hamburger Abendblatt Kommentar letzte Woche ) gesetzlich verplichtet werden? Sollte Alg-Empfängern das Recht eingeräumt werden, hochverzinsliche Dispostionskredite in niegrigverzinslichte Ratenkredite umzuschulden, bisher wird dieser Zielgruppe dieses Recht sogar von öffentlich-rechtlichen Sparkassen vorenthalten!
Sollte der gesetzlich festgelegte Unterhaltssatz von Euro 345.-/332.- Alg II von Zinszahlungen freigestellt werden, um weitere Verelendung zu verhindern? Sollten diese Zinszahlungen vom Staat übernommen werden? oder sollte das Insolvenzrecht entsprechend zu Lasten der Gläubiger geändert werden?
Halten Sie die Frage" Können wir uns den Sozialstaat überhaupt noch leisten" für ebenso absurd wie die unmögliche Frage von Tschechen an die realen Hamburger " Können wir es uns überhaupt noch leisten, das Wasser der Elbe einfach über Dresden nach Hamburg rauschen zu lassen, wo doch die Hamburger das Wasser der Elbe einfach ungestaut und unkommentiert in die Nordsee stromern lassen?
Danke! für die Antwort!
Sehr geehrter Herr Petrick,
die genaue Ausgestaltung der Verträge zwischen Banken und den Kunden unterliegt selbstverständlich der Privatautonomie. Grundsätzlich ist diese Art der Umschuldung möglich, einige Banken bieten dies auch an. Die Praxis zeigt jedoch, dass Empfängern von ALG der Überziehungskredit ab der ersten Zahlung bereits entzogen wird, um eben eine solche „Verelendung“ durch Überziehung zu verhindern. Ein gesetzlicher Zwang, gerade ALG Empfängern die Möglichkeit einer solchen Umschuldung zu ermöglichen, würde in eben diese Privatautonomie eingreifen.
Eine Ausnahmeregelung für die Zinsübernahme würde eher zu einer größeren „Verelendung“ führen: wenn jemand die Kosten, die er verursacht, nicht tragen muss, wird er weitere Belastungen erzeugen. Der Staat kann dafür nicht aufkommen, da es nicht seine Aufgabe ist, für die Schulden seiner Bürger aufzukommen. Eine Abwälzung der Kosten auf die Gläubiger durch eine Änderung des Insolvenzrechts wäre eine ungerechte Umkehr des Verursacherprinzips. Dies würde außerdem dazu führen, dass ALG II Empfänger grundsätzlich keinerlei Kredite mehr erhalten und somit ungerecht und nicht gleich anderen Kunden gegenüber behandelt würden.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger