Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Rainer S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
dem "Spiegel" 21/2007, S.38 habe ich entnommen, dass Deutschland sich weigert, die Uno-Konvention gegen Korruption zu ratifizieren, so wie dies 92 Staaten bereits getan haben. Wenn ich diesen Artikel richtig lese, dann scheint ein kritischer Punkt zu sein, dass dann die Bestechung von Abgeordneten strafbar wäre.
Mir war -bis ich diesen Artikel las- nicht klar, dass dies bis dato garkein Straftatbestand ist. Dies ist für mich ein Skandal denn die Unabhängkeit der Abgeordneten, die ja dem Wohl der Bürger verpflichtet sein sollen, muss doch wohl selbstverständlich sein.
Was mich an dem o.a. Artikel weiters befremdet, dass neben SPD und CDU/CSU auch die FDP sich gegen eine Ratifizierung sperrt aus Gründen, die für mich überhaupt nicht nachvollziehbar sind. Können Sie mir bitte mitteilen a) ob das so stimmt, wie es "Der Spiegel" schreibt b) wie Sie persönlich dazu stehen, in Ihrem bekannt souveränen und aufrichtigem Rechtsverständnis und c) wie die FDP sich vorstellt, sich weiterhin zu diesem Sachverhalt zu stellen. Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Sobek
Sehr geehrter Herr Sobek,
Danke für Ihre Anfrage vom 31. Juli 2007, die ich mit Interesse gelesen habe.
Die Bestechung von Abgeordneten ist nach § 108e StGB strafbar. Dabei wird die unlautere Einflussnahme auf den demokratischen Meinungsbildungsprozess - seitens des Mandatsträgers, wie auch durch den Stimmenkäufer - strafrechtlich sanktioniert.
Allerdings ist es für unsere repräsentative Demokratie unerlässlich, dass einzelne Wähler und Interessengruppen versuchen die Abgeordneten in ihrem Sinne zu beeinflussen. Die Abgrenzung zwischen zulässiger und bereits strafbarer Einwirkung muss daher behutsam vorgenommen werden. Eine zu weite Fassung des Tatbestandes könnte dazu führen, auch politisch übliches und sozialadäquates Verhalten zu kriminalisieren. Dadurch könnten die üblichen parlamentarischen und außerparlamentarischen Kontakte des Abgeordneten in die Nähe der Strafbarkeit rücken, was seine Unabhängigkeit als frei gewählten Volksvertreter gefährden würde.
An der Konvention gegen die Korruption der Vereinten Nationen ist problematisch, dass sie teilweise keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen und Rechtsstaatsstandards der Mitglieder nimmt. Sie sieht z.B. die Strafbarkeit von Bestechungshandlungen von Amtsträgern vor. Amtsträger soll dabei sowohl der Beamte als auch der Abgeordnete sein. Nach dem deutschen Recht sind die Funktion und die Rolle eines Beamten im öffentlichen Dienst aber keineswegs mit der eines Parlamentariers zu vergleichen. Beamte, also Amtsträger im engeren -deutschen - Sinne, haben ausschließlich dem Gemeinwohl zu dienen, während Abgeordnete auch Einzelinteressen vertreten können. Von Abgeordneten kann nicht verlangt werden, dass sie, wie ein Beamter, stets unparteiisch und frei von unsachlichen Einflüssen ihr Mandat ausüben. Dies wäre mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des freien Mandats des Abgeordneten unvereinbar.
Der Deutsche Bundestag prüft derzeit fraktionsübergreifend eine geeignete Umsetzung der internationalen Übereinkommen im Hinblick auf die Abgeordnetenbestechung.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger