Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Christoph S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
der geheimer Teil des Toll-Collect-Vertrages wurde nicht an die Parlamentarier herausgegeben, trotz mehrfachem Anfordern:
Da Sie für die FDP Mitglied des Justizausschusses sind, frag ich Sie ausgehend von diesem Beispiel allgemein zum Thema Geheimhaltung innerhalb PPP Public Private Partnerships:
Die Vertragsunternehmen bestehen darauf, dass ein Teil des Vertrages als "Betriebsgeheimnis" geheim gehalten wird und somit nur wenigen Eingeweihten in der Regierung bzw. Magistrat bekannt wird:
1. Was passiert, wenn das Parlament dabei ist, in Unkenntnis des Inhalts Gesetze im Widerspruch zum geheimen Teil zu erlassen: Ist die Beurteilungsmacht der Regierung bzgl. eines solchen Widerspruchs nun eine wesentliche Verminderung der Gesetzgebungsbefugnis des Parlaments? D.h. Gesetze können dann nur noch mit Zustimmung der hiermit betrauten Beamten erlassen werden, können Beamte wesentliche Verwässerungen / Änderungen in eigenem Sinn durchsetzen?
2. Welche Schadenersatzansprüche hat das Unternehmen bei Veröffentlichung oder Erlass widersprechender Rechtsvorschriften?
3. Ist Ihrer Ansicht nach so ein geheimer Teil nur eher langweilig oder gerade besonders interessant bei der parlamentarischen Kontrolle der Exekutive; kann man sagen, dass die Exekutive geteilt wird: vorher eine Behörde, jetzt teils Behörde, teils privatwirtschaftlich?
4. Wollen Sie ein Bundesgesetz befürworten, welches in Zukunft Parlamente von Bund, Ländern und Gemeinden berechtigt und verpflichtet, auch in den geheimen Teil Einsicht zu nehmen und
diesen zu prüfen? Oder ist ein solches Gesetz jüngst schon Ihrer Meinung nach in hinreichender Weise erlassen bzw. verbessert worden?
4a Gleiches bzgl. Missbrauch des Umfangs von "Betriebsgeheimnissen"?
5. Sind Ihnen in Zusammenhang mit der Bahnprivatisierung Absichten zu geheimen (Teil-)Verträgen bekannt?
pace e bene C.S.
Sehr geehrter Herr Strebel,
Danke für Ihre Nachricht vom 5. Juni 2007.
Public Private Partnerships sind grundsätzlich ein angebrachtes Mittel um öffentliche Aufgaben mit Hilfe der privaten Wirtschaft Kosten sparend und effizient zu gestalten. Die von Ihnen erwähnten Vertraulichkeitsklauseln können bei dieser Art von Verträgen allerdings problematisch sein, vor allem wenn sie zu unzureichenden parlamentarischen Kontrollrechten über ein PPP-Projekt führen. Näheres hierzu, auch in Bezug auf die Transparenz des Toll-Collect-Vertrages, entnehmen Sie bitte unserer Anfrage an die Bundesregierung (BT Drucksache 16/2168).
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger