Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Eva-Maria F. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,
als Parteifreundin, der auch internes FDP-Material zugängig ist, erinnere ich mich daran, dass es unsere Partei war, die vor einigen Jahren den nachehelichen Unterhalt für die geschiedenen Ehepartner zeitlich begrenzen wollte, etwa auf den Zeitraum, den man auch verheiratet war (nach 10 Jahren Ehe maximal 10 Jahre Unterhalt, es sei denn Kindererziehung oder andere besondere Umstände sprechen gegen die Beschränkung). Nachdem nunmehr im Augenblick die Unterhaltsreform gescheitert ist, stellt sich mir die Frage, ob daran gedacht ist, diese doch sehr vernünftige Idee wieder einzubringen? M.E. wären da keine grundrechtlichen Bedenken, man käme einerseits dem besonderen auch nachehelichen Schutz von Ehe und Familie iSv Art. 6 GG nach, ohne aber einen "Überschutz" bzw. eine Überversorgung für geschiedene Ehepartner zu produzieren.
Mit freundlichen Grüssen
Eva-Maria Froese
Sehr geehrte Frau Froese,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Thema nachehelicher Unterhalt für die geschiedenen Ehepartner, denn die Neuregelung des Unterhaltsrechts stellt für die FDP-Bundestagsfraktion ein besonders wichtiges Thema dar.
Im Mittelpunkt aller Neuregelungen des Unterhaltsrechts steht dabei für die FDP das Wohl des Kindes.
Bei den nachehelichen Unterhaltsansprüchen treten wir dafür ein, diese regelmäßig zu befristen, denn nach Beendigung der Ehe sollte die Eigenverantwortung der ehemaligen Ehepartner gestärkt werden. Dabei ist insbesondere die zunehmende partnerschaftliche Rollenverteilung in Ehe und Lebenspartnerschaft zu berücksichtigen. Die Privilegierung der ersten Ehe und die damit verbundene Lebensstandsgarantie können nicht aufrechterhalten werden, um den Unterhaltsverpflichteten in Zukunft eine Lebensgestaltung mit erneuter Bindung und Elternschaft zu ermöglichen und den Unterhaltsberechtigten zu einer selbstverantwortlichen Lebensführung anzuhalten. Dazu gehört auch die eigene Erwerbstätigkeit. Im Interesse des Vertrauensschutzes des Ehepartners, der die Kinderbetreuung übernommen hat, muss eine sorgfältige Abwägung stattfinden. Wesentliches Kriterium ist die Dauer der Ehe. Als weitere Kriterien sind die innereheliche Aufgabenverteilung, insbesondere die Kindererziehung und die Zeiten der Kinderbetreuung sowie der Erwartungshorizont zu Beginn der Ehe an die gemeinsame Lebensgestaltung und dessen tatsächlicher Verlauf zu berücksichtigen. Diese Forderung haben wir auch mit unserem Antrag "Unterhaltsrecht ohne weiteres Zögern sozial und verantwortungsbewusst den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen" (BT-Drs. 16/891), zu finden unter http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm, in den Bundestag eingebracht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner jüngsten Entscheidung (1 BvR 9/04) dazu ebenfalls klargestellt, dass nacheheliche Solidarität insbesondere dort zum Tragen komme, wo ein geschiedener Ehegatte auf seine grundsätzliche wirtschaftliche Eigenverantwortung nach der Scheidung deshalb nicht verwiesen werden kann, weil er aufgrund der von ihm in der Ehe übernommenen Aufgaben nicht in der Lage ist, durch Wiedereingliederung in das Erwerbsleben seinen Lebensunterhalt selbst zu sichern.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger