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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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Frage von Christian A. •

Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Christian A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,

Sie sind meines Erachtens eine der wenigen prominenten Freiliberalen, die sich nach wie vor den Kampf (und das ist es tatsächlich zunehmend!) für die Freiheitsrechte der Bürger (und nicht nur für die der Wirtschaft) als Aufgabe gesetzt hat. Vielen Dank für Ihre vorbildliche Arbeit!
Zwei Fragen:
-Voraussichtlich im Frühjahr 2007 wird der Bundestag die "Vorratsdatenspeicherung" von Telefon und Internetdaten beschliessen. Halten Sie es für aussichtsreich, wegen des unangemessenen Eingriffs in die Grundrechte des Bürgers gegen dieses Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen?
-Das für internationale Überweisungen scheinbare Monopolunternehmen (und somit "Zwangspartner" der deutschen Banken) "SWIFT" soll nach wie vor ohne belgische bzw. europäische Rechtsgrundlage Bankkundendaten im großen Umfange der us-amerikanischen C.I.A. zugänglich machen. Beschäftigt sich der Bundestag bzw. ein Ausschuss mit diesem unhaltbaren Zustand?

Mit freundlichen Grüßen,
Christian Ahrens

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ahrens,

vielen Dank für Ihr Lob und den Beitrag auf abgeordnetenwatch.de vom 19.1.2007.

Wir Liberale haben bereits im Dezember 2005 einen Antrag gegen eine europaweit verpflichtende Vorratsdatenspeicherung im Deutschen Bundestag eingebracht. Die generelle Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten greift massiv in das unverletzliche Grundrecht auf vertrauliche Kommunikation ein. Sie steht in deutlichem Gegensatz zu ihrem, vom Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hervorgehobenen grundsätzlichen Verbot.

Ich begrüße es, dass man die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus ernst nimmt. Das rechtfertigt jedoch nicht die lückenlose elektronische Erfassung des Kommunikationsverhaltens aller Bürger. Eine langfristige Speicherung solcher Daten ermöglicht Missbrauch. Die FDP will Datenschutz effektiv und konsequent gewährleisten - sowohl dem Staat als auch Privaten gegenüber. Deshalb muss die enge Zweckbestimmung der Verwendung gespeicherter Daten endlich wieder gelten. Nur notwendige Daten dürfen gespeichert werden, um gegen Terrorismus und Kriminalität vorzugehen. Bedauerlicherweise geht die Bundesregierung mit ihrem Gesetzesvorhaben einen bedeutenden Schritt in die falsche Richtung.

Ich kann Ihnen in Bezug auf die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht jedoch grundsätzlich keine Ratschläge erteilen. Bitte haben Sie Verständnis dafür.

Zu der Erkenntnis, dass sich verschiedene US-Behörden auf Grundlage administrativer Beschlagnahmeanordnungen Zugriff auf Zahlungsverkehrsdaten des Dienstleisters SWIFT verschafften, hat die FDP-Bundestagsfraktion Ende Januar 2007 einen Antrag eingebracht. Wir beschäftigen uns - wie alle anderen Bundestagsfraktionen auch - sehr intensiv mit diesem unhaltbaren Zustand. Die Forderung der Liberalen besteht darin, den Zugriff US-amerikanischer Stellen auf SWIFT-Daten unverzüglich zu stoppen und die u.a. von der New York Times aufgedeckten Vorfälle aufzuklären. SWIFT führt weltweit täglich bis zu 12 Millionen Überweisungen und Bankgeschäfte mit einem Volumen von rund 4,8 Billionen Euro aus. Dies sind Zahlungsverkehrsaufträge von Unternehmen, aber auch von Privatpersonen veranlasste Transaktionen. Der Zugriff auf die von SWIFT verwalteten Daten ermöglicht es nun, personenbezogene Daten und Informationen über die wirtschaftliche Tätigkeit von Staaten, Unternehmen und Privatpersonen zu gewinnen. Dadurch wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Außerdem kann die missbräuchliche Verwendung der Daten zu Formen der Wirtschafts- und Industriespionage führen. Schließlich kann man die Offenlegung von Daten an Dritte als Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Auftrag gebenden Kunden betrachten.

Ich finde es unmöglich, dass die Bundesregierung den deutschen Bundestag nicht unverzüglich und vollständig - darüber hinaus erst auf Nachfrage - von der Existenz der SWIFT-Transfers in Kenntnis gesetzt hat. Zuständige Regierungsstellen wurden vom US-Finanzministerium über die Vorfälle unterrichtet - zum Teil schon vor der Bekanntgabe durch die Presse.

Die Bundesregierung muss sich - auch und vor allem im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 - für ein europäisch einheitliches und hohes Datenschutzniveau einsetzen. Es darf nicht mehr möglich sein, dass amerikanische bzw. staatliche Stellen im Allgemeinen auf Überweisungsdaten aus Deutschland oder anderen Ländern zugreifen können.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger