Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Max K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,
weitaus der größte Teil der Bundesbürger sind gegen gentechnisch veränderte Nahrungsmittel.
Können Sie mir bitte erklären, wieso Ihre Partei sich trotzdem eindeutig für die schnelle Einführung der Gentechnik ausspricht?
Herr Westerwelle sagt u.a.:"Die Potenziale der Grünen Gentechnik, z.B. um die Unterernährung in armen Ländern zu bekämpfen, sind vielfältig und müssen genutzt werden. Das rot-grüne Gentechnikgesetz gehört deshalb umgehend abgeschafft."
Schauen Sie bitte in die armen Länder, wo genetische Vielfalt z.T. unwiederbringlich verlorengeht und viele Bauern durch hohe Lizenzgebühren in den Ruin getrieben werden.
Darum meine Fragen an Sie:
Wie stehen Sie persönlich zum Widerspruch Ihrer Partei zu den Wünschen der Bürger?
Wie wollen Sie verhindern, dass durch den Wind oder durch die Bienen die Pollen von GVO`s großflächig in der Landschaft verteilt werden?
Warum will Ihre Partei die Verursacherhaftung aufheben, um sie dem Staat, also dem Bürger zu übertragen,der diese Technologie überhaupt nicht will?
Wie kann Ihre Partei es vertreten, dass die Zulassung von GVOs nicht mehr aufgehoben werden kann, selbst wenn sich herausstellt, dass Koexistenz nicht funktioniert?
Eine wirkliche Chance für die bäuerliche Landwirtschaft wäre die Einrichtung von großflächigen gentechnikfreien Zonen. Würden Sie persönlich eine derartige Initiative fördern?
Als Biobauer und Imker bin ich in großer Sorge um meine Zukunft und bitte Sie deshalb um Ihre ehrlichen Antworten!
Mit freundlichen Grüßen
Max Korntheuer
Sehr geehrter Herr Korntheuer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen zur Landwirtschafts- und Gentechnik-Politik der FDP. In unserer Gesellschaft werden die Grüne Gentechnik und die Auswirkungen des landwirtschaftlichen Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen derzeit kontrovers diskutiert. Deutschlands Verbraucher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel offenbar nur dann ab, wenn ihnen die Produkte keinen Zusatznutzen bieten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Handelsblatt-Umfrage aus dem vergangenen Jahr. Sollte es den Lebensmitteltechnikern etwa gelingen, durch Genmanipulationen gesundheitsfördernde Nahrungsmittel herzustellen, dürfte die Akzeptanz deutlich steigen. Auf die Frage „Wenn es einen gentechnisch veränderten Joghurt gäbe, der die Entstehung von Darmkrebs hemmt, würden sie ihn kaufen?" antworteten der 66 Prozent der Befragten mit „Ja". Nur 28 Prozent würden ein solches Produkt ablehnen.
Die Erzeugung von Lebensmitteln ohne Grüne Gentechnik muss weiterhin möglich sein. Daran wird die von der FDP ins Auge gefasste Novelle des Gentechnikgesetzes nichts ändern. Die FDP tritt auch hier für Transparenz und Wahlfreiheit der Verbraucher ein. Allerdings ist die FDP für die verantwortbare Nutzung der Grünen Gentechnik in der Landwirtschaft. Mittels gentechnologischer Verfahren werden ausgewählte Pflanzen derart verändert, dass sie entweder in erhöhtem Maße Eiweiße, Kohlenhydrate und andere Nährstoffe bilden oder eine Resistenz gegen Insekten, Pilze, Unkraut o.a. entwickeln. Dadurch kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und anderen Chemikalien stark reduziert werden. Im Gegensatz zur flächendeckenden Behandlung durch Pflanzenschutzmittel, die auch Boden und Umgebung belasten, wird die genetische Veränderung gezielt an der Pflanze vorgenommen. Die umfangreichen Zulassungsverfahren für genetisch veränderte Kulturpflanzen sichern die Unbedenklichkeit der aus ihnen hergestellten Nahrungs- und Futtermittel. Über die Einführung neuer technischer Methoden und den daraus entwickelten Produkten entscheidet der Markt. Ein vernünftiger Umgang mit grüner Gentechnik bedeutet, dass der Genbauer die gute fachliche Praxis einhalten muss und zum Beispiel einen Streifen aus herkömmlichem Mais um seinen Genmais herumzieht. Damit lässt sich vermeiden, dass im Nachbarmais gentechnisch veränderter Pollen auftritt. Dazu zählt auch, dass der Anbau von Genmais - und nur den gibt es bisher in Deutschland - für Getreide keinerlei Folgen hat, weil Mais gar nicht mit Getreide auskreuzen kann. Eine Koexistenz verschiedener Anbauformen und damit verschiedenartig erzeugter Lebensmittel ist also möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger