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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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Frage von Heribert K. •

Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Heribert K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,

§ 305b SGB V sieht vor, dass die Öffentlichkeit lediglich "in gebotener Ausführlichkeit" über die Einnahmen-Ausgaben-Situation der GKVen informiert werden muss, wobei die GKVen über die Tiefe der Darstellung einen sehr breiten Spielraum haben. Über die Vermögenslage und Schulden (Bilanz) der GKVen gibt es keine Berichtspflicht. Ebenso gibt es keine Verpflichtung zur Aufstellung von Lagebericht, Risikobericht, Anhang und erst recht kein Erfordernis für ein Testat von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer. Der Öffentlichkeit wird die Einsicht in eine Bilanz verwehrt. Jeder Freiberufler ist gesetzlich verpflichtet, über seine Gewinnermittlung mehr an Informationen zu offenbaren (obwohl auch Freiberufler nicht bilanzieren müssen) als dies die GKVen müssen. Eine interne Revision der GKVen findet nur im 5 Jahresrhytmus durch das Bundesversicherungsamt bzw. die für die SV zuständigen obersten Landesbehörden statt, siehe auch § 274 SGB V. Warum wird die Öffentlichkeit nicht über die Vermögenslage der GKVen informiert? Warum gibt es keine Testate von unabhängigen Wirtschaftsprüfern? Ist der Zeitraum von 5 Jahren für eine interne Revision bei den rasanten Umwälzungen und Änderungen in der Gesetzgebung im Gesundheitswesen nicht viel zu lang? Gibt es in Ihrer Fraktion Gesetzgebungsinitiativen, die dem Bürger eine Einsicht auch in die Vermögenslage (s)einer gesetzlichen Krankenversicherung ermöglicht? Jede kleine 25.000 € GmbH muss im Bundesanzeiger seine Vermögensverhältnisse für alle einsehbar veröffentlichen. Warum nicht auch die GKVen? Auf welcher Grundlage können gewählte Vertreter bei den Sozialwahlen überhaupt mitbestimmen, wenn ihnen grundlegende Informationen (Vermögenslage, Schulden) vorenthalten werden? Sehen Sie die bestehenden Informationspflichten als ausreichend an?

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Karsch

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Karsch,

vielen Dank für Ihr Schreiben.

Durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ist ein Dachverband der GKV auf Bundesebene, der Spitzenverband Bund, geschaffen worden. Dieser Spitzenverband, der zirka 70 Prozent der heutigen Aufgaben der GKV wahrnimmt, wird von der FDP-Bundestagsfraktion abgelehnt.

Die heutigen Spitzenverbände der Krankenkassen werden nicht mehr lange existieren. An ihre Stelle tritt ein Monopolist. Das liberale Ziel im Sinne des Wettbewerbs möglichst wenige Aufgaben im Gesundheitswesen einheitlich und gemeinsam durch die GKV erledigen zu lassen und stattdessen den einzelnen Kassen mehr Spielräume zu geben, wird damit konterkariert. Gemeinsam mit den Regelungen des so genannten Wettbewerbsstärkungsgesetzes zum Einheitsbeitrag, zum Gesundheitsfonds und zum hauptamtlichen Gemeinsamen Bundesausschuss wird das über kurz oder lang zur Einheitskasse führen.

Aus Sicht der FDP-Fraktion geht der gesamte Ansatz der Gesundheitspläne in die falsche Richtung. Das Regierungsvorhaben schafft mit dem Gesundheitsfonds nur eine neue gigantische Umverteilungsmaschinerie und damit noch mehr Bürokratie. Dieser Einstieg in die Einheitskasse für alle ist definitiv der falsche Weg.

Die FDP setzt stattdessen auf einen kompletten Neuanfang in der Gesundheitspolitik, bei dem die gegenwärtige Versicherungspflicht durch eine Pflicht zur Versicherung ersetzt wird. Wir wollen allen Versicherten umfassende Wahlmöglichkeiten zur Gestaltung ihres Versicherungsschutzes geben und damit endlich richtig verstandenen Wettbewerb im Gesundheitswesen erreichen. Das FDP-Modell ist die bessere Alternative zur Einheitsversicherung, die höhere Beiträge bei sinkenden Leistungen bedeutet. Weitere Informationen zum FDP-Modell finden Sie unter http:// www.fdp.de.

Alle Abgeordneten der FDP haben bei der Abstimmung über das GKV-WSG mit Nein gestimmt. Mit dieser Reform wird der Weg in ein zentralistisches System angetreten. Wahlfreiheit und Wettbewerb, Therapiefreiheit und Freiberuflichkeit bleiben dabei unweigerlich auf der Strecke. Stattdessen führt der Weg in Bevormundung, Rationierung und Zuteilung.

Mit diesem Gesetzesvorhaben wird die heutige Organisation der Krankenversicherung und der Gesundheitsversorgung in Gefahr gebracht, ohne dass man die anstehenden Probleme löst. Es erfolgt:

- keine Entlastung weder der Lohnzusatzkosten noch der Versicherten; stattdessen steigen die Beiträge,
- keine Entkoppelung von Gesundheitsausgaben und Arbeitskosten; der Arbeitgeberbeitrag wird nicht festgeschrieben,
- keine Entbürokratisierung; stattdessen kommt mit dem so genannten Fonds ein weiteres bürokratisches Instrument hinzu,
- keine Vorsorge für die demografische Entwicklung; es bleibt bei Umlagefinanzierung zu Lasten der jungen Generation,
- keine Transparenz; weder bei den Beiträgen noch bei den Abrechnungen, bei denen am Sachleistungsprinzip festgehalten wird,
- keine Freiheit für die Versicherten, ihren Versicherungsschutz weit­gehend selbst zu gestalten,
- keine Konzentration der über Zwangsbeiträge finanzierten Leistungen auf das medizinisch unbedingt Notwendige,
- keine Nachhaltigkeit.

Gegen diese Entwicklung möchte die FDP-Bundestagsfraktion mit dem Antrag (siehe Anlage; Drs. 16/11879) ein Gegenentwurf setzen, der auf den Fundamenten Verständlichkeit, Versorgungssicherheit, Transparenz, Vielfalt, Wahlfreiheit der Tarife, der Therapeuten und Therapie, Wettbewerb, Nachhaltigkeit, Eigenverantwortung und Leistungsgerechtigkeit beruht. Um das erreichen zu können, müssen sich auch die heutigen Krankenversicherer ändern.

Seit Jahren erleben wir, dass bei der Vielzahl hochkomplizierter Regelungen niemand mehr richtig durchblickt. Selbst die verantwortlichen Politiker sind kaum noch in der Lage, die Konsequenzen ihres Handels in allen Einzelheiten vorherzusehen.

Das deutsche Gesundheitssystem ist mit den letzten Reformen mehr und mehr in die Richtung eines staatlich gesteuerten, zentralistischen Einheitssystem verschoben worden. Die schwarz/rote Koalition schiebt die Verantwortung von sich, dabei hat sie den gesetzlichen Rahmen gesetzt, der genau zu dem jetzt beobachtbaren Folgen geführt hat.

Sowohl auf Seiten der Versicherer als auch auf Seiten der Leistungserbringer muss fairer Wettbewerb durch konsistente wettbewerbs- und kartellrechtliche Regelungen ermöglicht werden. Die überbordende Regulierung im Gesundheitswesen ist auf das notwendige Mindestmaß zurück zu drängen. Wir müssen ein Klima des Vertrauens schaffen, statt die Kontrollen immer weiter auszubauen. Die Aufgabe des Staates ist es, die Rahmenbedingungen für die Gesundheitsversorgung zu setzen, nicht jedoch jedes Detail bis ins Kleinste zu regeln.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger