Frage an Sabine Leidig von Thorsten W. bezüglich Finanzen
1.
Wie wollen Sie bzw. Ihre Partei verhindern das Deutschland auf eine Pensionskrise (zu hohe Beamtenpensionen deren Gesamthöhe meines Wissens nach aktuell in Hessen gar nicht statistisch ausgewiesen werden) zusteuert?
2.
Wie setzen Sie oder Ihre Partei sich ein das die zwei-Klassen-Altersvorsorge zwischen den Beamten (aktuelles Versorgungsniveau ca. 68% obwohl nie eingezahlt) und den Millionen gesetzlich Rentenversicherten (Rentenniveau grob 43%) angeglichen wird?
Ich bin für Angleichung und nicht den Beamten etwas wegzunehmen...
3.
Was sagen Sie dazu das ein Österreicher (es zahlen alle ein) ein Versorgungsniveau von ca. 90% nach dem aktiven Arbeitsleben hat und über die stark besteuerten Rentenbezüge von deutschen Rentnern nur lachen kann?
Wann kommt endlich eine provisionsfreie Deutschlandrente (z.B. Anlage ETF-Indexfonds MSCI World) in die Alle (auch Unternehmer wie ich und Beamte) einzahlen? Bei aktuellen Altersvorsorgeverträgen (Rürup, etc.) gehen im Schnitt 30% der Anparbeträge in Abschlusskosten und Verwaltungskosten.
4.
Ich bin selber Unternehmer und muss leider feststellen das alle verfügbaren Altersvorsorgemechanismen (wir haben die meisten Durchführungswege in Europa und keiner ist lohnenswert) untauglich sind und nur der Versicherungslobby und -branche nützen. Diese Meinung wird im Übrigen auch von einigen Verbraucherzentralen in Deutschland geteilt.
5.
Wie möchten Sie dem Fakt entgegen steuern das die Deutschen direkt nach den Belgiern weltweit am zweitstärksten besteuert werden?
Unser Staat hat kein wirkliches Geldproblem sondern muss effizienter wirtschaften und den Bürgern ermöglichen sich einen finanziellen Puffer aufzubauen ohne das fast 50% des Lohns ihm weggenommen werden.
6.
Wie möchten Sie entgegensteuern das 20% in diesem Land in Vollzeit arbeiten und trotzdem aufstocken müssen um über die Runden zu kommen?
Ich freue mich auf Ihre Antworten
Netter Gruß und danke
Lieber Herr W.,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Renten- und Arbeitsmarkpolitik, die ich im Anschluss beantworte. Für eine weitergehende Auseinandersetzung mit unseren Positionen empfehle ich Ihnen die ausführliche Darstellung unseres Rentenkonzepts, die Sie hier finden www.matthias-w-birkwald.de/article/1167.solidarische-mindestsrente-statt-altersarmut.html
Zu Ihren Fragen hier meine Antworten:
Zu 1. und 2.:
DIE LINKE will, dass für alle Erwerbseinkommen Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden – auch für die von Selbständigen, Freiberufler*innen, Beamt*innen, Manager*innen und Politi-ker*innen, egal, ob sie Abgeordnete, Minister*innen, oder Staatssekre-tär*innen sind.
Gleichzeitig wollen wir die Beitragsbemessungsgrenze in einem ersten Schritt auf die bereits existierende Grenze der knappschaftlichen Rentenversicherung anheben, in weiteren Schritten drastisch anheben, um sie letztendlich vollständig aufzuheben; die Rentenhöhe der Rentenansprüche über dem doppelten des Durchschnittes der Standardrente (zur Zeit Renten über 2.740 Euro) soll degressiv gestaltet, also abgeflacht werden. Es soll somit eine Beitragsäquivalenzgrenze eingeführt werden. Damit würde die Solidarität gestärkt werden und das Auseinanderdriften von Beamtenpensionen und gesetzlichen Renten verhindert werden. Mehr Versicherte bedeuteten in einem solidarischen und umlagefinanzierten System auch niedrigere Beiträge für alle.
Zu 3.:
Die LINKE im Bundestag hat sich ausführlich über das Rentensystem in Österreich informiert und hält es gerade aufgrund der Einbeziehung von (fast) allen Erwerbstätigen für vorbildlich. Mein Kollege Matthias W. Birkwald, der zweimal mit Fachleuten vor Ort gesprochen hat, gibt hier Auskunft über seine Erfahrungen in Österreich stewww.matthias-w-birkwald.de/article/1519.renten-in-oesterreich-vorbild-fuer-deutschland.html und hier: https://www.matthias-w-birkwald.de/article/1450.bericht-ueber-meine-rentenpolitische-dienstreise-nach-wien-in-oesterreich-vom-24-und-25-oktober-2016.html
Zu 4.:
DIE LINKE im Bundestag sagt, dass die private Altersvorsorge über Riester-Renten gescheitert ist: Mit Ausnahme des Wohn-Riesters stagniert die Zahl der Verträge seit 2010. Seit 2014 ist sie sogar rückläufig!
Wir müssen also Riester sinnvoll und sicher abwickeln. Wir LINKEN wollen es deshalb ermöglichen, dass Menschen ihre Riester-Vermögen freiwillig und kostenarm auf das persönliche Rentenkonto bei der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen. Die staatliche Riester-Förderung von über drei Milliarden Euro jährlich soll künftig in die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Außerdem wollen wir es den Versicherten und ihren Arbeitgeber*innen leichter machen, freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung auf ihr persönliches Rentenkonto einzuzahlen. Dies wäre eine sinnvolle Alternative zu Riester und zur heutigen betrieblichen Altersvorsorge. Wir haben dazu einen ausführlichen Antrag im Bundestag vorgelegt (Drucksache 18/8610).
Zu 5.:
In der Einkommensteuer wollen wir die unteren und mittleren Einkommen entlasten, die oberen stärker belasten: Wir erhöhen den monatlichen Grundfreibetrag auf 1.050 Euro zu versteuerndes Einkommen. Mit unserem Steuerkonzept werden alle entlastet, die weniger als 7.100 Euro brutto im Monat (Steuerklasse I) verdienen. Wir sehen zwei Stufen einer gesonderten Reichensteuer vor: 60 Prozent auf die Teile des zu versteuernden Einkommens oberhalb von rund 260.000 Euro Jahreseinkommen und 75 Prozent auf die oberhalb einer Million Euro.
Zu 6.:
Gute Arbeit und gute Löhne: Den gesetzlichen Mindestlohn erhöhen wir auf 12 Euro. Selbst die Bundesregierung weiß: Darunter reicht es nicht zum Leben und für eine Rente oberhalb der Grundsicherung. Wir wollen prekäre Arbeit abschaffen: Befristungen ohne sachlichen Grund, Minijobs und Leiharbeit werden ausgeschlossen. Die Ausnahmeregeln für Befristungen im wissenschaftlichen Bereich wollen wir abschaffen. Die Arbeit mit Menschen muss besser bezahlt werden!
Soziale Garantien des Lebens: Armut abschaffen, statt die Armen bekämpfen: Wir schaffen das Hartz-IV-System ab und ersetzen es durch eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro ohne Sanktionen und Kürzungsmöglichkeiten. Der Bezug des Arbeitslosengeldes muss deutlich verlängert werden. (Zitate aus unserem Wahlprogramm)
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leidig