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Sabine Leidig
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Frage von Jochem H. •

Frage an Sabine Leidig von Jochem H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Leidig,

seid einiger Zeit beschäftigt mich das Thema TTIP immer intensiver und hier vor allem auch die Frage nach der Verfassungsmässigkeit der geplanten privaten Schiedsgerichte.
Durch diverse Artikel im Internet zu dieser Frage habe ich begriffen, warum es gar nicht so einfach zu sein scheint, die Verfassungskonformität (oder eben nicht!) durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen.

Es ist für individuelle Bürger/innen nur möglich, verfassungswidrige Gesetze zu rügen, wenn sie eine unmittelbare persönliche Betroffenheit nachweisen können. Die Konzernklagen werden aber nicht gegen sie, sondern gegen ihren Staat geführt.

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist hier lediglich eine sog. Normenkontrollklage möglich. Diese muss aber von mindestens 25 % der Bundestagsabgeordneten beschlossen werden. Das sind 31 mehr, als die 127 Sitze der Opposition.

Ich halte es zumindest nicht für unmöglich, 31 kritische Abgeordnete der Regierungsparteien zu finden, um diese erforderlichen 158 Stimmen zu erreichen (immer vorausgesetzt, die Oppostion ist hier einig).

Nach einem heutigen Telefonat mir Abgeordnetenwatch e.V. stellt sich mir die Frage, ob in diesem Fall die rechtlichen Voraussetzungen für eine „abstrakte Normenkontrollklage“ gegeben sind.

Haben Sie oder Ihre Fraktion sich schon mit dieser Frage beschäftigt und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen, bzw. in welchem Stadium befindet sich der Klärungsprozeß?

Freundliche Grüsse aus Hessen
Jochem Hiemer

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Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Jochem Hiemer,

entschuldigen Sie bitte die etwas verspätete Antwort.

Auch wir diskutieren in der Bundestagsfraktion über die Frage von Normenkontrollklagen und der Verfassungskonformität der geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP). Zur Zeit gibt es für die BT-Fraktion jedoch keinen konkreten Klagegrund, da der CETA-Vertragstext in seiner abschließenden Form noch nicht in offizieller Übersetzung durch die EU-Kommission an die Mitgliedsländer weitergeleitet wurde und das Ratifikationsverfahren noch gar nicht begonnen hat. Sie wissen auch, dass bei TTIP die Verhandlungen in einem noch früherem Stadium sind. Ein vorläufiger Vertragstext existiert noch gar nicht und dürfte wohl vor Ende 2016 auch nicht vorliegen. Den Spielraum für eine "abstrakte Normenkontrollklage" kann ich als Wirtschaftswissenschaftler nicht belastbar einschätzen. Aber auch dies wird zu gegebener Zeit von unseren Juristen und Juristinnen in der Fraktion geprüft.

Die angehängten Ausführungen von Prof. Andreas Fisahn zu einer möglichen Verfassungsbeschwere gegen CETA und die unterschiedlichen Positionen in der kritischen Bewegung kenne Sie sicher auch. Da sich Die LINKE. im außerparlamentarischen Bündnis gegen die Freihandelsabkommen engagiert, ist uns sehr an einem gemeinsamen Vorgehen gelegen. In dieser Hinsicht teilen wir die mehrheitliche Position im Bündnis, die Frage "Verfassungsklage" zur Zeit noch nicht zu stark ins Zentrum zu rücken. Die von Prof. Fisahn formulierte Idee der Verfassungsbeschwerde durch unterstützende Bürgerinnen und Bürger nehmen wir interessiert zu Kenntnis, die aber einen gänzlich anderen Charakter als einen Normenkontrollklage unserer Fraktion hat. Wir stehen azudem in Kontakt mit Prof. Fisahn und werden seine Expertise weiter nutzen und seine Argumente berücksichtigen.

Weitere Informationen zu unserer Arbeit rund um TTIP/CETA und TiSA finden Sie unter: http://linksfraktion.de/ttip-stoppen/

Viele Grüße und ein schönes Wochenende!

Sabine Leidig