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Frage von Michael S. •

Frage an Sabine Leidig von Michael S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Sabine Leidig,

nach vielen Jahren des Zögerns hat nun auch der Vorstand der Deutschen Bahn "grünes Licht" für die Elektrifizierung der Bahnstrecke München-Memmingen-Lindau gegeben - so berichtete die Schwäbische Zeitung vor wenigen Wochen (Quelle: http://www.schwaebische.de/lokales/lindau/lindau-stadt_artikel,-Bahn-beschliesst-die-Elektrifizierung-der-Strecke-Muenchen-–-Lindau-_arid,4039761.html ).

Auch im Bayerischen Rundfunk wurde darüber berichtet, dass nun endlich der Ausbau der Schienenverbindung von München an den Bodensee - und weiter über Österreich in die Schweiz - angegangen werden kann.

Eine Anfrage an die Bayerische Staatsregierung durch den Allgäuer Landtagsabgeordneten Adi Sprinkart brachte dann vor wenigen Tagen - leider wieder einmal - Ernüchterung in Sachen Schienenverkehr: Laut Staatskanzlei sei der Bundesverkehrswegeplan derart unterfinanziert, dass mit einer Realisierung der Bahnstrecke München-Memmingen-Lindau noch lange nicht gerechnet werden könne (Quelle: http://www.all-in.de/nachrichten/allgaeu/ticker/rsaradio/RSA-Radio;art9573,719124 ).

Laut dem Sprecher der Deutschen Bahn in Bayern, Franz Lindemair, müsse jedoch noch im Jahr 2010 mit den Baumaßnahmen begonnen werden, um die 50-Millionen-Euro-Beteiligung der Schweiz zu sichern.

Meine Fragen hierzu:

- Sind die Aussichten für die Modernisierung der Schienenverbindung zwischen München und Zürich tatsächlich so schlecht?

- Ist die Beteiligung der Schweiz an der Finanzierung hinfällig wenn die Bauarbeiten nicht im laufenden Jahr beginnen?

Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass dieses Verkehrsprojekt auf die Tagesordnung kommt.

Vielen Dank, schöne Grüße aus dem Allgäu und Alles Gute

Michael Schropp

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Schropp,

vorweg gleich zu Ihren konkreten Fragen: Auf der Streichliste der Deutschen Bahn, die in den letzten Wochen durch die Medien ging, steht die Ausbaustrecke "München - Lindau - Grenze D/A" als mit "Finanzierungsvereinbarung hinterlegt". Trotz der Lücke zwischen den vom Verkehrsministerium geplanten 1,2 Milliarden Euro und den von der Bahn berechneten 1,8 Milliarden Euro, die notwendig wären, um die Projekte des vordringlichen Bedarfs im Bundesverkehrswegeplan bis 2025 umzusetzen, will die Bahn also hier nicht den Rotstift ansetzen. Das ist schon mal eine gute Nachricht. Dem Online-Magazin http://www.all-in.de ist mit Meldung vom 4.3. inzwischen auch zu entnehmen, dass die Elektrifizierung in diesem Herbst beginnen soll. Wie gut die Aussichten für die gesamte Realisierung des Modernisierungsvorhabens tatsächlich sind und welche Finanzierungsprobleme damit noch verbunden sind, kann ich leider nicht beurteilen. Als Abgeordnete habe ich nur einen sehr geringen Einfluss auf die Realisierung einzelner Verkehrsprojekte. Allgemein gilt mein Einsatz aber ganz klar dem Ausbau der Schiene, so z.B. in den Haushaltsberatungen. Der Haushaltsentwurf der schwarz-gelben Koalition setzt aber weiter auf Beton, d.h. auf den motorisierten Straßenverkehr. Eine ökologische Verkehrswende ist hier nicht einmal im Ansatz erkennbar. Leider wird sich dies wohl auch nicht gegen die Regierungsmehrheit ändern lassen. Außerdem ist einer meiner der Leitsatz "Klug kleckern statt klotzen": Großprojekte wie Stuttgart 21 oder neue Hochgeschwindigkeitstrassen sind für Bahn und Bauindustrie in erster Linie Prestigeprojekte und dienen z.T. als Referenzprojekte, um an Aufträge im Ausland zu kommen. Das aber kann nicht Ziel einer sinnvollen Verkehrspolitik sein. Die Milliarden, die in den aufwendigen Umbau des Stuttgarter Bahnhofs investiert werden sollen, wären anderswo viel sinnvoller eingesetzt. Durch relativ kleine Ausbau- und Neubaumaßnahmen an Haupt- und Nebenstrecken könnten sich die Gesamtfahrzeiten für Tausende Fahrgäste deutlich verkürzen, für viele würde dadurch erst eine sinnvolle Anbindung ermöglicht. Hier darf nicht ausschließlich an die Fahrtzeiten zwischen den Großstädten gedacht werden. Im Sinne einer ökologischen Elektromobilität ist natürlich auch die Elektrifizierung. Viele weitere kleinere Investitionen sind auch für die Verbesserung in Richtung Barrierefreiheit nötig: Fahrstühle an den Bahnhöfen, (möglichst fahrzeuggebundene) Einstieghilfen und anderes. Im Sinne einer Bahn für alle ist zudem eine ausgewogene Preisgestaltung, die es allen ermöglicht, sich eine komfortable Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrem Arbeitsplatz, in den Urlaub usw. leisten zu können. Im Sinne dieser verkehrspolitischen Ziele ist die Modernisierung der Strecke München-Zürich ein wichtiges Projekt und es wäre fatal, wenn hier gespart würde, während gleichzeitig bei Stuttgart 21 die Milliarden gegen den Willen der Bevölkerung verschleudert werden. Allerdings darf der Ausbau der Strecke über Memmingen und Kißlegg nicht dazu führen, dass die Allgäubahn über Kempten mehr und mehr abgehängt wird - eine Fahrtzeitverkürzung München-Zürich ist gut, darf aber nicht auf Kosten der Nahverkehrsverbindungen gehen.

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leidig