Frage an Sabine Leidig von Christine W. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Leidig,
setzt sich die Linke für eine vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ein? Durch welche (gesetzgeberischen) Maßnahmen will sie das gegebenenfalls erreichen? Für eine Antwort wäre ich dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Weghorst
Sehr geehrte Frau Weghorst,
Diskriminierung von Lesben, Schwulen und Transgendern wirkt rechtlich wie sozial. Einer Politik sozialer Kälte stellen wir unsere Forderungen nach wirklicher Gleichstellung, sozialer und rechtlicher Unterstützung und wirksamer Akzeptanz entgegen. Im Mittelpunkt müssen die Anerkennung der Identität und die Gewährleistung der Entfaltungsmöglichkeit jeder und jedes Einzelnen stehen. Wie Menschen leben und wen sie lieben, ist ihre ureigene Privatangelegenheit. Trotzdem wird auch dieser Kernbereich des Privaten nicht nur durch gesellschaftliche Konventionen, sondern auch durch Gesetze bestimmt. Der Staat ist verpflichtet, ein gleichberechtigtes Leben für Alle in der Gesellschaft zu ermöglichen und zu sichern. Um die rechtliche und soziale Gleichstellung aller Lebensweisen zu stärken ist der Schutz vor Diskriminierung in die Verfassung aufzunehmen. DIE LINKE. fordert die Aufnahme des Merkmals „sexuelle Identität“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes.
Ein bisschen Gleichheit gibt es nicht! Die eingetragene Partnerschaft besitzt weniger Rechte als die heterosexuelle Ehe. Der weitgehenden Angleichung der Pflichten von eingetragenen Partnerschaften und Eheleuten ist bis heute nicht die rechtliche Gleichbehandlung gefolgt. Nach wie vor bleiben eingetragene Lebenspartner und Lebenspartnerinnen von Rechten der Eheleute in verschiedenen Rechtsbereichen ausgeschlossen. Adoptionsrecht, Beamtenbesoldung und -beihilfe, Einkommenssteuer-, Schenkungs- und Erbschaftssteuerrecht sowie die Hinterbliebenenversorgung sind Beispiele für die fortdauernde Ungleichbehandlung und damit die fortdauernde Privilegierung der Ehe.
Entprivilegierung der Ehe: DIE LINKE. lehnt eine Bevorzugung von Ehepaaren durch das Gesetz ab. Sie fordert die Beseitigung aller an die Ehe geknüpfter Privilegien. Stattdessen muss der Staat alle Menschen unterstützen, die in ihrem Haushalt Kinder oder Pflegebedürftige betreuen. So sollen zum Beispiel Nachteile im Rentenrecht ausgeglichen werden, indem diese Betreuungszeiten für die Rente angerechnet werden. DIE LINKE. sieht die eingetragene Partnerschaft als neue Norm für schwule und lesbische Lebensweisen deshalb kritisch. Die grundsätzliche Diskriminierung bleibt bestehen. Gleichzeitig wird mit der gesonderten Rechtsform auch eine neue Sonderstellung homosexueller Paare in der Gesellschaft geschaffen.
Keine halben Sachen! Für ein wirksames AGG! Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bietet diskriminierten Menschen und somit auch Schwulen, Lesben und Transsexuellen keinen hinreichenden Schutz. Zu kurze Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen, finanzielle Hürden, das fehlende Verbandsklagerecht und die unzureichende Beweislastregelung sind strukturelle Barrieren, die einen effektiven Rechtsschutz vor Diskriminierung verhindern. Aufgrund des stumpfen Instruments AGG – das im Übrigen weit hinter der entsprechenden EU-Richtlinie zurückbleibt – kann in Deutschland weiterhin nahezu folgenlos diskriminiert werden.
In vielen Betrieben und an vielen Arbeitsplätzen ist ein Outing für Homosexuelle undenkbar. Weder gibt es Richtlinien, die ein Klima der Akzeptanz wirksam fördern, noch verbindliche Regelungen, die für Information und soziale Unterstützung sorgen. DIE LINKE. fordert die Anpassung geltenden Rechts an die EU-Antikdiskriminierungsrichtlinie. Um dieses erweiterte Grundrecht zu garantieren, wollen wir die Einrichtung von Antidiskriminierungsstellen, ein Verbandsklagerecht, die Beweislastumkehr in Verfahren sowie Maßnahmen, die auf einen Wandel des gesellschaftlichen Bewusstseins zielen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Sabine Leidig