Frage an Sabine Dittmar von Michael N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dittmar,
zahlreiche Unternehmen bauen ihr Geschäftsmodell auf Sucht auf. Das heißt, sie stellen Produkte her, die süchtig machen, denn die Süchtigen sichern ihnen einen beständigen Zufluss an Liquidität. Zu diesen Produkten zähle ich Alkohol, Tabakprodukte, Zucker (jawohl) und Süßstoff. Diese Produkte verursachen gesundheitliche Schäden, die der Gemeinschaft der Versicherten Millionenbeträge kosten. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung kann Ihnen dazu genaue Auskünfte geben. Meine Frage an Sie:
Können die Hersteller von Produkten, die Alkohol, Tabak oder Zucker enthalten, für die Schäden, die ihre Produkte verursachen, zur Rechenschaft gezogen werden? Das könnte beispielsweise geschehen, indem sie in einen oder mehrere Gesundheitsfonds einzahlen, die die Kosten, die der Missbrauch von Tabak, Alkohol und Zucker verursacht, übernehmen. Dadurch werden die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen entlastet. Diese Entlastung kann sich in Form von geringeren Beiträgen oder Zuzahlungen an die Versicherten weitergegeben werden.
Wie stehen Sie und gerade auch als Sozialdemokratin dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Naumann
Sehr geehrter Herr Naumann,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 26.06.2020.
Das wahrscheinliche von Ihnen verfolgte Ziel, den Konsum von Suchtmitteln zu mindern, unterstütze ich voll und ganz. Gerade in der aktuellen Situation sind die steigenden Zahlen im Hinblick auf Alkoholkonsum besorgniserregend.
Das "zur Rechenschaft ziehen" dieser Unternehmen funktioniert rückwirkend nicht, da diese nach den geltenden Gesetzen handeln und deshalb nicht kriminalisiert werden sollten. Ich finde, dass die Menschen in ihrem Konsumverhalten frei sein sollten. Dazu gehört allerdings auch, dass man über die Konsequenzen dieses Verhaltens, in diesem Fall des Konsums von Genuss- bzw. Suchtmitteln, aufgeklärt ist. Durch zahlreiche Gesetze haben wir deshalb vorrangig die Aufklärung der Konsumenten unterstützt.
Doch natürlich hat der Bundestag in der Vergangenheit seine Funktion als Gesetzgeber wahrgenommen, um für die nötigen Rahmenbedingungen für die Unternehmen zu sorgen. Wir schränken die Möglichkeiten der Unternehmen ein, für Ihre Produkte Werbung zu machen. In Bezug auf Tabakwaren haben wir in der letzten Sitzungswoche ein entsprechendes Gesetz u.a. für die Werbung für nikotinfreie E-Zigaretten verabschiedet. Im Rahmen der nationalen Diabetesstrategie wollen wir die an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Produkte unterbinden. Gleichzeitig haben wir jene Unternehmen in den letzten Jahren mit zunehmend stärkeren Auflagen bei der Produktion belegt. Gerade bei Kindern ist eine gesunde Ernährung die wichtigste Präventionsmaßnahme. Wir wollen gesunde Produkte für gesunde Kinder. Es muss Schluss sein mit sogenannten Kinderlebensmitteln, die insbesondere eins sind, süß. Die WHO-Nährwertprofile für ausgewogene Produkte mit ihren Obergrenzen für Zucker, Fett und Salz müssen verbindlich werden für Kinderlebensmittel. Die Lebensmittelwirtschaft muss entsprechend den Empfehlungen der Krankenkassen zur Halbierung des Zuckergehaltes in gesüßten Getränken verpflichtet werden. Ich erwarte, dass die Bundesregierung den Prüfauftrag hinsichtlich einer verbindlichen Zuckerreduktion ernst nimmt und die Stimmen der Krankenkassen, von Ärztinnen und Ärzten und wissenschaftlichen Fachverbänden dazu entsprechend würdigt. Eine Zuckersteuer darf kein Tabuthema sein. Verschiedene Varianten dieser werden in den Parteien diskutiert, von welchen viele den von Ihnen angesprochenen Gesundheitsfonds ähneln. Um sich gesund ernähren zu können, brauchen Kinder endlich eine Lobby am Kabinettstisch. Die Unionsparteien muss sich fragen lassen, wessen Interessen sie vertreten.
Das Thema, das Sie ansprechen, ist ein Querschnittsthema und tangiert insofern u.a. Aspekte des Verbraucherschutz, Gesundheit und Wirtschaft. Insofern kann ich hier auch gerne auf meine Kolleginnen und Kollegen verweisen, wenn Sie bestimmte Aspekte dieser Bereiche interessieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Sabine Dittmar