Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Georg W. bezüglich Gesundheit
Sehr gehrte Frau Bätzing!
In Ihrer heutigen Pressemitteilung anlässlich des Internationalen Tages gegen Drogenmissbrauch am 26. Juni 2009 schreiben Sie unter anderem:
"Rund zwei Millionen Menschen konsumieren häufig Cannabis, etwa 600.000 von ihnen weisen einen missbräuchlichen oder abhängigen Konsum auf. Dagegen ist die Zahl der Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren, die Cannabis regelmäßig konsumieren von 1993 bis 2008 um 50 % auf 2,3 % zurück gegangen."
Dazu einige Nachfragen:
1. Wie viele Menschen konsumieren zur Zeit insgesamt Cannabis (12-Monats-Prävalenz)? Bitte nennen Sie die letzte verfügbare Quelle bei Ihrer konkreten Angabe.
2. Was bedeutet in diesem Zusammenhang "missbräuchlicher Konsum" konkret?
3. Was bedeutet in diesem Zusammenhang "regelmäßiger Konsum" konkret?
Mit freundlichen Grüßen
Georg Wurth
Sehr geehrter Herr Wurth,
die 12-Monats-Prävalenz des Cannabiskonsums in der Allgemeinbevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren betrug im Jahr 2006 4,7% (Kraus L., Pfeiffer-Gerschel T., Pabst A., Cannabis und andere illegale Drogen: Prävalenz, Konsummuster und Trends. Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurveys 2006. Sucht 2008; 54(Sonderheft 1): S.16-25). Auf die Bevölkerung hochgerechnet entspricht das ca. 2.45 Mio. Menschen. Die 30-Tage-Prävalenz betrug 2,2%. Nach einer spezifischen Untersuchung unter Frankfurter Schülern (MoSyD)(15-18 Jahre) von 2007 betrug die 12-Monatsprävalenz 24% und die 30-Tage-Prävalenz 13%. Nach der Hamburger "Schulbus"-untersuchung (Suchtmittelkonsum bei Hamburger Schülern im Alter von 14-18 Jahren) lag die 30-Tage-Prävalenz bei 13%, bei Mädchen bei 22% bzw. 7%). Hochgerechnet ergibt sich ein Cannabisgebrauch von ca. 975.000-1,3 Mio. Personen in den letzten 30 Tagen und ein (fast) täglicher Konsum von 208.000-376.000 Personen (mindestens 200maliger Gebrauch von Cannabis in den letzten 12 Monaten). Zur Hochrechnung der Konsummuster illegaler Drogen und Tabak wurden die Daten des im Jahr 2006 bundesweit durchgeführten Epidemiologischen Suchtsurveys verwendet. In der Erhebung wurden 18-64-jährige Personen in Privathaushalten befragt. Den Hochrechnungen liegen die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Bevölkerungszahlen zum 31.12.2005 (52,0 Mio. 18-64-Jährige)zugrunde.
Missbräuchlicher Drogenkonsum kennzeichnet sich für die überwiegende Mehrheit der Experten - unabhängig von der Substanz - durch die Regemäßigkeit und Exzessivität des Konsums aus. Viele Experten sehen im missbräuchlichen Konsum die Vorstufe zur Abhängigkeit. Ungeachtet der Quantität wird der Konsum dann als missbräuchlich angesehen, wenn er zu einer psychischen Störung führt oder als Mittel der Lebens- und Problembewältigung angesehen wird (vgl. Marcus Freitag, Klaus Hurrelmann (Hg.): Illegale Alltagsdrogen; Juventa Verlag, 1999). "Missbräuchlich" wird lt. DSM-IV wie folgt charakterisiert: im Gegensatz zur Abhängigkeit keine Toleranzentwicklung, keine Entzugssymptome, kein Muster zwanghaften Substanzgebrauchs, wohl aber Beeinträchtigungen wie wiederholter Konsum, der zu körperlicher Gefährdung führen kann (z.B. Teilnahme am Straßenverkehr unter Substanzeinwirkung; wiederholter Konsum, der die Erfüllung wichtiger Verpflichtungen bei der Arbeit oder zu Hause führt (z.B. Fernbleiben von der Arbeit; Schuleschwänzen; Vernachlässigung von Kindern und Haushalt); wiederkehrende Probleme mit dem Gesetz; fortgesetzter Substanzgebrauchs trotz sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme, die durch Auswirkungen der psychotropen Substanz verursacht oder verstärkt werden (z.B. Streit mit dem Ehegatten über die Folgen des Konsums). "Schädlicher" Konsum ist nach ICD 10 ein Konsumverhalten, das zu gesundheitlichen Schäden führt.
Regelmäßiger Konsum wird in der BZgA-Drogenaffinitätsstudie mit "mehr als zehnmal" angegeben. Im Jahr 2008 konsumierten 1,1% der 12-17 Jährigen "regelmäßig" Cannabis und in der Altersgruppe 18-25 Jahre waren es 3,1%.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing