Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Martin L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Fr.Bätzing,
ich definiere:
(1) liberale Drogenpolitik: Die Wunsch des Einzelnen ist der Gesundheitsprävention durch Verbote mindestens gleichgestellt, es werden nur Drogen verboten, die extreme individuelle o. soziale Schäden hervorrufen. Jedes Verbot wird regelmäßig überprüft u. ggf. abgeschafft. Für jede Art von Rausch soll nach Möglichkeit eine legale und risikoarme Substanz zur Verfügung stehen, damit es keinen Grund für den Konsum gefährlicherer Drogen gibt. Sozial-/Menschenbild: Drogenkonsum gehört zum Menschsein dazu.
(2) Harm-Reduction-DP: Viele Substanzen stehen stets auf dem Prüfstand, ob ein legaler oder illegaler Status hinsichtlich Gesamtkonsum und verursachten Schäden geeigneter ist. Die Entscheidung basiert auf erhobenen Daten, nicht auf postulierbaren Gefahren. MB: Drogenkonsum ist akzeptabel.
(3) Populistische DP: Eine Partei orientiert ihre DP an der Erwartung des Wahlvolkes. Durch demokratische Wahlen wird die Willkürlichkeit von Verbot und Legalität legitimiert. MB: Die Missachtung des Anpassungszwangs ist strafwürdig.
(4) Ideologische DP: Der Auswahl für legale u. illegale Rauschmittel liegen in erster Linie kulturelle Gründe vor, der Wunsch nach Rausch gilt per se als moralisch schlecht u. krankhaft. Bestrafung dient der Erziehung, MB: Drogenkonsum ist etwas Unnatürliches.
(5) Opportunistische DP: Eine DP, die hauptsächlich von Eigenschaften von Typ (3) und (4) geprägt ist, wird mit einzelnen Eigenschaften von (2) getarnt und als (2) "verkauft". MB: Menschen dürfen getäuscht und in Rechten eingeschränkt werden.
Meine Fragen an Sie:
- Lässt sich die DP der Bundesregierung Ihrer Einschätzung nach grob zu einem dieser 5 Typen einordnen? Falls ja, welchem?
- Falls sich die DP nicht einordnen lässt, wie könnte eine derartige Kurzfassung einschließlich des Menschenbildes aussehen?
- Falls Sie die DP als Typ (2) einstufen, welche und wie viele Substanzen stehen z.Zt. auf dem aktuellen Prüfstand, zwecks Harmreduction legalisiert zu werden?
Sehr geehrter Herr Langemeyer,
vielen Dank für Ihre Anfragen vom 22. und 24. Juni 2009. Zu Ihrer Frage nach einer Definition der Drogenpolitik möchte ich Sie bitten, weitere Informationen auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit zu meiner Aufgabe als Drogenbeauftragte der Bundesregierung nachzulesen:
"Suchtprobleme bedeuten individuelle Tragödien für die Betroffenen und deren Angehörige, zugleich belasten sie die Gesellschaft als Ganzes. Die Bekämpfung der Drogenproblematik ist daher sowohl eine Herausforderung für den suchtkranken Menschen als auch eine besondere gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Die Drogenpolitik der Bundesregierung basiert auf vier Säulen:
- Prävention
- Beratung und Behandlung
- Überlebenshilfen und Schadensreduzierung
- Angebotsreduzierung und repressive Maßnahmen.
Seit November 2005 ist Sabine Bätzing Drogenbeauftragte der Bundesregierung im Bundesministerium für Gesundheit. Sie koordiniert die Arbeit der Bundesressorts und vertritt diese gegenüber der Öffentlichkeit. Im Rahmen von Initiativen, Aktionen und Projekten setzt sie sich für die Weiterentwicklung der Suchtprävention und des Hilfesystems ein. Denn Drogen und Sucht sind keine Randgruppenprobleme, sondern Themen, die alle etwas angehen: Jeder dritte Bundesbürger raucht, über 10 Mio. Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in riskanter Weise, die Zahl der Medikamentabhängigen wird auf mindestens 1,4 Mio. geschätzt, dazu kommen circa 120.000 bis 150.000 Opiatabhängige und 400.000 Menschen, deren Cannabiskonsum gesundheitsschädigende Ausmaße angenommen hat."
Weitere Informationen und Angebote zur Suchtprävention und in der Suchthilfe können Sie meiner Homepage www.drogenbeauftragte.de entnehmen und sich selbst ein Bild meiner Drogenpolitik und der Drogenpolitik der Bundesregierung machen. Dies ist nach meiner Einschätzung hilfreicher, als sich an einer starren Definition festzuhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing