Frage an Ruben Lehnert von Marcus K. bezüglich Kultur
Während für viele "ihr" Späti schon fast Berliner Kulturgut ist, lehnt Die Linke ab, dass diese vom Ladenschlußgesetz ausgenommen werden und somit sonntags auch offiziell öffnen dürften.
Teilen Sie die Ansicht ihrer Partei in diesem Punkt?
Gab es Gespräche ihrer Partei mit Spätibetreibern über ihre Kritik zur Sonntagsarbeit bezüglich Arbeitsschutz und wie sehen es die dort Beschäftigten?
Sehen Sie für die Zukunft mögliche Kompromisse und Ausnahmen für sozial oder kulturell besonders wertvolle Spätis, wie es sie z.B. auch für "Raucherkneipen" gibt?
Lieber M. K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Sollen Spätis auch am Sonntag öffnen dürfen? Darüber wird in meiner Partei und in manchen Kiezen in Neukölln heftig gestritten. Selbstverständlich habe ich darüber auch in Spätis zahlreiche Gespräche geführt, mit den Inhabern der Läden, mit Kundinnen und Kunden ebenso wie mit Beschäftigten.
Ich gestehe, ich bin voreingenommen, weil ich es als angenehmen Luxus empfinde, auf dem Weg zum Spielplatz für die Kinder auch am Sonntag noch Eis und Wasser einkaufen zu können. Aber ich vergessen dabei nicht, dass diesen Luxus diejenigen Menschen ermöglichen, die sonntags in den Kiosken stehen und anstelle eines freien Familientags einen gewöhnlichen Arbeitstag haben. Hinzu kommt, dass Berlin bereits heute eines der liberalsten Ladenöffnungsgesetze der ganzen Republik hat - mit weitreichenden negativen Konsequenzen insbesondere für Verkäuferinnen und Verkäufer in Discounter, Boutiquen und Gemischtwarenläden. Eine weitere Liberalisierung des Berliner Ladenöffnungsgesetzes ginge zwangsläufig zu ihren Lasten. Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lehne ich jedoch prinzpiell ab. Außerdem habe ich bisher keinen einzigen konkreten Vorschlag gesehen, wie man realistischerweise eine Sonderregelung für inhabergeführte Spätis realisieren kann. Alle Vorschläge, die mir bekannt sind, laufen darauf hinaus, dass viele andere Geschäfte nachziehen wollen, also auf eine allgemeine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten. Das aber würde regelmäßige Sonntagsarbeit für Zehntausende Verkäuferinnen und Verkäufer bedeuten, bei Edeka, Woolworth, KiK, DM und in vielen, vielen anderen Geschäften.
Zum Schluss, weil sie nach einem Kompromiss gefragt haben: Eine Sonderregelung für die Spätis, die tatsächlich vom Inhaber geführt werden und eine besondere soziale und kulturelle Funktion im Kiez haben, würde ich gern im Detail studieren. Vielleicht haben Sie diesbezüglich eine konkrete Idee.
Mit solidarischen Grüßen,
Ruben Lehnert