Roman Denter
DIE LINKE
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Frage von Christel W. •

Frage an Roman Denter von Christel W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Denter,

ich interessiere mich sehr für mehr direkte demokratische Bürgerbeteiligung und möchte von Ihnen wissen, ob Sie es befürworten, dass die Menschen dieser Stadt direkt auf die Investitionen einwirken können. Warum hat die Stadt Hamburg kein eigenes Portal zu diesem Theam eingerichtet. Es ist schwierig, das Verfahren und den Stand der Bürgerbeteiligung in Hamburg im Webnetz zu finden.

Mit freundlichen Grüßen

Christel Wöhler

Antwort von
DIE LINKE

Liebe Christel Wöhler,

neue Beteiligungsformen und echte Demokratisierung lassen sich nur gemeinsam entwickeln.
Dazu muss man die verschiedenen Ebenen gesellschaftlicher Entscheidungsprozesse genau ansehen. Dazu wäre eine Sammlung der bestehenden Möglichkeiten sicher sinnvoll. Es ist aber viel mehr denkbar.

Vor Ort in den Stadtteilen muss endlich echte Subsidiarität durchgesetzt werden. Dass heisst, wenn Sachverhalte vor Ort entschieden werden können, dann brauchen die Menschen vor Ort auch die Verfügungsgewalt über diese Sachverhalte. Z.B. gibt es keinen Grund, warum die Menschen in Sankt Pauli nicht selbst entscheiden sollen dürfen, was aus der Rindermarkt-Halle werden soll.

Auf der mittleren Ebene der Fachentscheidungen ist Transparenz, an der es am meisten mangelt. Wenn ich mich als Bewohnerin oder Bewohner dieser Stadt zu einem bestimmten Thema wie z.B. der Energieversorgung einbringen möchte, habe ich meistens schon das Problem, dass ich an die entscheidenden Informationen nicht herankommen. Z.B. gibt die Umweltbehörde BSU die Machbarkeitsstudien zur Übernahme der Energienetze nicht heraus.
Das zweite Problem auf der Mittelebene ist, dass es keinen derzeit echten Beteiligungsprozess gibt, sondern bestenfalls leicht aushebelbare Anhörungsrechte. Bei der Moorburgtrasse wurde ein vereinfachtes Verfahren ohne Anwohnerbeteiligung gewählt und bei vielen Entscheidungen in der Stadt zieht die "Zentrale Senat" gerne mal die Entscheidung durch sogenannte Evokation wieder an sich.
Dem könnte man das Prinzip der Bezirks-EinwohnerInnen-Versammlungen entgegen stellen, auf denen alle Einwohnerinnen und Einwohner tatsächlich mitentscheiden können.
Das konnte bereits beim sogenannten "Bürgerhaushalt" von Porto-Allegre erfolgreich erprobt werden, bei dem die Einwohner der Stadtteile über eigene Haushalte entscheiden, ebenso wie durch die Bezirks-EinwohnerInnen-Versammlungen des kommunalen Stromversorgers SMUD in Sacramento. Hier werden übrigens auch die Vorstände des öffentlichen Wirtschaftsunternehmens gewählt.

Auf der Ebene der Grundsatzentscheidungen gilt es den Volksentscheid weiter zu stärken, indem durch freien Zugang zu Kommunikkationsmitteln, Bildungsgerechtigkeit und eine endlich menschenwürdige und schikanefreie Grundversorgung die Voraussetzungen für demokratische Beteiligung, nicht nur für das Bildungsbürgertum, geschaffen werden. Auch gilt es endlich absolute Transparenz der Finanzierung einzuführen. Kampagnen mit undurchsichtigen Finanzierungsquellen, wie bei der Kampagne "Wir wollen lernen", darf es nicht mehr geben.
Grenze einer jeden Grundsatzentscheidung per Volksentscheid muss immer der Minderheitenschutz sein.

Insgesamt kann so eine Demokratisierung nicht verordnet werden, sondern muss durch gesellschaftlichen Druck durchgesetzt werden. Eine Debatte über Beteiligungsprozesse muss dabei organisiert und geführt werden.
Das Internet als modernes Kommunnikationsmittel einzusetzen haben Sie angesprochen. In Tel-Aviv hat die dortige Recht auf Stadt-Bewegung z.B. auch die Transparenz des Haushaltes im Internet durchgesetzt.

Bester Gruß
*Roman Denter