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Frage von Carola H. •

Frage an Rolf Stöckel von Carola H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Stöckel,

die Organisation Foodwatch setzt sich ein für die sog. "Ampelkennzeichnung" von Lebensmitteln. Dadurch soll für die Verbraucher auf einen Blick auf der Verpackung ersichtlich sein, ob es sich um ein gesundes Nahrungsmittel handelt oder nicht .Wie bei einer Verkehtsampel wird mit den Farben grün, gelb und rot der Anteil an Zucker, Fett und Kohlehydraten angezeigt. Diese Art der Kennzeichnung wird in England bereits sehr erfolgreich angewendet. Bisher sperrt sich die Bundesregierung aber dagegen - vermutlich auf Drängen der Lebensmittellobby. Wie stehen Sie dazu ?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Heiles,

Sie haben Recht, bedauerlicherweise gibt es noch keine Regelung zur Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln. Ich gehe jedoch davon aus, dass wir in absehbarer Zeit eine Lösung mit dem Koalitionspartner finden werden.

Bei Übergewicht und Adipositas und deren zunehmender Verbreitung spielen genetische, physiologische, sozial- und individualpsychologische Ursachen eine Rolle. Klar ist, dass auch die Ernährungsgewohnheiten, insbesondere Art und Menge der verzehrten Nahrungsmittel, einen Einfluss haben. Neben Maßnahmen, die das Ernährungswissen und die Bewegung fördern, sind deshalb Aktivitäten nötig, die die Verbraucherinnen und Verbraucher über den tatsächlichen Nährwert der zum Verkauf stehenden Lebensmittel in geeigneter Weise informieren.

Weil sich viele Menschen über ihren eigenen Nährstoffbedarf ebenso im unklaren sind wie über den Nährwertgehalt insbesondere zusammengesetzter und verarbeiteter Lebensmittel, kommt es darauf an, dass die Nährwertkennzeichnung einfach, unmittelbar verständlich, auf einen Blick zu erfassen und bewertend ist. Die in Großbritannien von der staatlichen Food Standard Agency auf wissenschaftlicher Grundlage und mit wissenschaftlicher Begleitung auf freiwilliger Basis eingeführte Ampelkennzeichnung erfüllt diese Anforderungen.

Erste Evaluationsergebnisse der britischen Kennzeichnung zeigen: Die farbliche Kennzeichnung wird von allen Verbraucherinnen und Verbrauchern und auch von Kindern richtig verstanden. Nicht gute oder schlechte Lebensmittel, sondern solche, die man unbedenklich häufig essen kann, und andere, die man nur gelegentlich verzehren sollte, werden hier kenntlich gemacht. Die Ampelkennzeichnung hat einige Hersteller veranlasst, die Zusammensetzung ihrer Produkte so zu verändern, dass weniger rot und mehr grün und gelb auf der Packung erscheint. Diese Entwicklung nützt sogar Verbrauchern, die auf keinerlei Kennzeichnung achten.

Vergleichbarkeit und damit Wahlfreiheit für den Verbraucher ist nur gewährleistet bei einer verpflichtenden Kennzeichnung. Nur wenn alle zusammengesetzten und verarbeiteten Lebensmittel aller Hersteller gekennzeichnet sind, können Verbraucherinnen und Verbraucher wirklich bewusst auswählen. Diese Auswahl muss beim täglichen Einkauf in Sekundenschnelle möglich sein. Dies ist nur mit farblicher Darstellung und ohne Umrechnungserfordernis zu gewährleisten. Gute Informationen sind keine Konsumentenbevormundung!

Die von der Lebensmittelindustrie forcierte Kennzeichnung auf der Basis des "Guided daily amount" = GDA = empfohlene Tageszufuhr ist ungeeignet, Verbraucherinnen und Verbraucher bei einer ausgewogenen Ernährung zu unterstützen. Die Angaben beziehen sich auf eine durchschnittliche Tageszufuhr von 2.000 Kilokalorien. Der Energiebedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher variiert jedoch stark nach Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und Lebensumständen. Die Nutzbarkeit setzt also voraus, dass die Menschen ihren Nährstoffbedarf kennen und aus der Angabe errechnen. Das ist nicht einfach, verständlich und auf einen Blick zu erfassen, sondern verwirrend.

Bedauerlicherweise nimmt auch die EU-Kommission in ihrem Vorschlag zur Reform der Lebensmittelkennzeichnung bei der Nährwertkennzeichnung Bezug auf eine durchschnittliche Tageszufuhr von 2.000 kcal und will portionsbezogene Angaben zulassen.

Ich persönlich halte, wie gesagt, eine "Ampellösung" für die verbraucherfreundlichste Variante.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Stöckel, MdB