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Frage von Matthias G. •

Frage an Rolf Stöckel von Matthias G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Stöckel,

mit Bestürzung habe ich heute zur Kenntnis genommen, das der Deutsche Bundestag, auch mit Ihrer Stimme, heute beschlossen hat, ein wichtiges Stück der Privatsphäre seiner Bürger aufzuheben und damit auch mich unter Generalverdacht zu stellen.

Die von anderer Seite vorgebrachten Ausflüchte, dass eine Richtlinie der EU dieses Gesetz erzwingt, kann ich nicht akzeptieren. Entweder Sie halten das Gesetz für richtig, oder Sie müssten Ihr gesamtes politisches Gewicht gegen dieses Gesetz und u.U. auch gegen die EU-Richtlinie in die Waagschale werfen, dies ist Ihr verfassungsrechtlicher Auftrag.

Offensichtlich halten Sie die gesamte deutsche Bevölkerung für so gefährlich, dass Ihnen eine Überwachung aller Kommunikationsverbindungen angemessen erscheint.

Ich würde gerne Ihr Votum verstehen, deshalb beantworten Sie mir bitte folgende Fragen:
- warum sind Sie der Meinung, dass die gesamte Bevölkerung, auch die Ihres Wahlkreises, präventiv überwacht werden muss?
- wie fühlen Sie sich, wenn Ihre Legitimation als Abgeordnete auf einem so potentiell gefährlichen Wahlvolk beruht?
- warum sind Sie der Meinung, dass Sie und Ihre Abgeordneten-Kollegen weniger gefährlich sind als der Rest der Bevölkerung und deshalb von der Vorratsdatenspeicherung ausgenommen werden können?
- wie fühlen Sie sich, nachdem Sie mit diesem Votum eine Infrastruktur schaffen lassen, die von einer zukünftigen, eventuell noch "ängstlicheren" Regierung zur lückenlosen Überwachung des deutschen Volkes genutzt werden kann?

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gräfe

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Gräfe,

richtig, ich habe der Gesetzesnovelle zur so genannten Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. Ich sehe nicht, dass ich damit die Grenzen der Grundrechte überschritten habe. Die geschützte Freiheit der vertraulichen Telekommunikation findet dort eine Grenze, wo es um die Aufklärung schwer ermittelbarer Kriminalität und die Verfolgung von Straftätern geht.

Ein Beispiel will ich nennen:
Der bandenmäßige und meist auch grenzüberschreitend betriebene Umsatzsteuerbetrug. Durch den gehen dem Fiskus Jahr für Jahr Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe verloren. Eine wirksame Bekämpfung dieser Delikte ist von allergrößtem öffentlichen Interesse. Für Ermittlungserfolge in diesem Bereich ist das Instrument der Telekommunikationsüberwachung von besonderer Bedeutung. Die hier bislang bestehenden Rechtsuntersicherheiten sind mit der jetzt erfolgten Neuregelung ebenfalls beseitig worden.
Eine möglichst effektive strafrechtliche Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges ist für mich und meine Partei nicht nur eine Frage des Rechtsstaates, sondern ebenso eine Frage der Steuergerechtigkeit. Schließlich muss die Gesamtheit der Steuerzahler für die mit hoher krimineller Energie herbeigeführten Einnahmeverluste gerade stehen.

Der Staat nimmt die berechtigten Strafverfolgungsinteressen zum Schutze und der Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger wahr. Das jetzt verabschiedete und in Rede stehende Gesetz sieht hohe, grundrechtssichernde Schwellen vor und wahrt das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Dafür haben Sozialdemokraten gesorgt. Einen Überblick zur Gesetzesnovelle, der das verdeutlicht, stelle ich Ihnen gern zur Verfügung, mailen Sie mir.

Ich habe meine Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen getroffen und werde alles daran setzen, dass es in diesem Land auch in Zukunft demokratisch legitimierte, im besten Sinne mutige und grundrechtstreue Regierungen gibt, die ihrer Verantwortung gegenüber berechtigten Interessen der Menschen gerecht werden. Ich hoffe, Sie tun das auch.

Mit freundlichen Grüßen
Rolf Stöckel