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Frage von Torsten W. •

Frage an Rolf Hempelmann von Torsten W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hempelmann,

wie kann es sein, dass die große Koalition in vielen Fragen zu zerstritten ist, um handlungsfähig regieren zu können, sich aber plötzlich in der Frage über eine Grundgesetzänderung, die Bundeswehreinsätze im Innern ermöglichen soll, einig ist? Sollten solche essenziellen Fragen nicht ausführlicher beraten werden, als irgendwelche Details zur Erbschaftssteuer? Wieso beteiligt sich die SPD am Umbau der Bundeswehr zur Militärpolizei? Wieso ist überhaupt das Militär besser ausgestattet als die Polizei, sodass eine solche Zusammenarbeit überhaupt in Betracht gezogen werden kann?

Gruß,
Torsten Wagner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Rolle der Bundeswehr im Inland. Ihre Besorgnis bei diesem Thema kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings entspricht Ihre Wahrnehmung nicht den Tatsachen: Die SPD beteiligt sich mitnichten am Umbau der Bundeswehr zur Militärpolizei. Wir haben ganz im Gegenteil verhindert, dass sich der Koalitionspartner mit einer Änderung des Art. 87 des Grundgesetzes durchsetzt.

Die Einigung mit der Union, die im Koalitionsausschuss vom 5. Oktober erzielt wurde, umfasst eine Änderung des Art. 35 GG, der schon jetzt den Einsatz der Bundeswehr im Inneren in Friedenszeiten (wie im Fall einer Naturkatastrophe) regelt. Er betrifft die Amtshilfe der Bundeswehr, was bedeutet, dass die Bundeswehr im Katastrophenfall die Polizei unterstützen kann. Sollte es künftig zu einer unmittelbaren terroristischen Bedrohung kommen, wäre es im dringenden Bedarfsfall möglich, auf die Gefahrenabwehr der Bundeswehr zurückzugreifen.

Die Pläne von Bundesinnenminister Schäuble gingen viel weiter als die nun vom Koalitionsausschuss vorgesehene Änderung des Grundgesetzes. Eine Neudefinition des Verteidigungsfalles in Artikel 87a GG hätte die Grenze zwischen innerer und äußerer Sicherheit verwischt. Das war mit uns nicht zu machen. Die Bundeswehr darf nicht zur Hilfspolizei ernannt werden.

Auch darüber hinaus bleibt die Position der SPD-Bundestagsfraktion unverändert: Ein Abschuss entführter und mit Unschuldigen besetzter Flugzeuge bleibt aus unseren Augen verfassungsrechtlich unzulässig. Es darf keine Abwägung von Leben gegen Leben geben. Wir sprechen uns auch gegen eine Legalisierung des Einsatzes der Bundeswehr zum zivilen Objektschutz und erst recht gegen eine Mobilisierung der Bundeswehr gegen Demonstranten aus.

Teile der Union scheinen unseren Rechtsstaat zu einem Präventionsstaat umbauen zu wollen. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Wir setzen uns deshalb für eine Sicherheitspolitik ein, die mit Augenmaß das höchst mögliche Sicherheitsniveau für die Bürgerinnen und Bürger gewährleistet, ohne jedoch Sicherheit und Bürgerrechte gegeneinander auszuspielen. Eine entschlossene Bekämpfung aller Kriminalitätsformen heißt zum Beispiel auch konsequent an ihren Ursachen anzusetzen. Das machen wir u.a., indem wir eine verstärkte Teilhabe und Integration aller in Deutschland lebenden Menschen anstreben. Die von uns geleistete Unterstützung beim Aufbau von Staatlichkeit in krisengeschüttelten Weltregionen ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag dazu.

Ich hoffe, dass meine Ausführungen zur Klärung Ihres Anliegens beitragen. Sie können davon ausgehen, dass meine Fraktion und ich, bevor wir der Grundgesetzesänderung zustimmen, das Thema nochmals sehr intensiv diskutieren und prüfen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Hempelmann