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Frage von Georg H. •

Frage an Rolf Hempelmann von Georg H. bezüglich Jugend

Zur Regelung der "Beschneidung" von Jungen liegen nunmehr zwei Gesetzentwürfe vor: den der Bundesregierung und einer von einezhelenen Mitgliedern des Oppositionsfraktionen. Ihre Fraktionskollegin Frau Rupprecht hat dazu auch im Bundestag gesprochen. Was sie wie auch ich in Übereinstimmung mit den Fachvertretern der Kinder und Jugendärzte, der Kinderhilfe und weiteren Organiationen am Regierungsenrtwurf bemängeln müssen, ist der Sachverhalt, dass ganz offensichtlich die Kinderrechte hinter denen der Elternrechte zurückstehen müssen; auch und gerade dann, wenn mit den Elternrechten das Recht auf körperlich Unverversehrtheit ausgehebelt wird. Für mich stellt sich die Frage, was eine Ratifizierung der UN-Konvention wert ist, wenn in so eiliger Weise ein Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt wird, das allein der Staatsraison a la Merkel dient und nicht der Sicherung der Rechte der Kinder in Deutschland. An Sie also die Frage, wie Sie nunmehr abstimmen werden: für die Kinderrechtposition Ihrer Kollegin Rupprecht oder für die Staatsraisonposition im Sinne von Frau Merkel?

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Georg Herrmann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Herrmann,

vielen Dank für Ihre Frage. Schon einmal vorab, ich habe mich bei der Abstimmung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalten. Zu meinen Beweggründen:

Das Landgericht Köln hat durch sein Urteil vom 7. Mai 2012 die Beschneidung minderjähriger Jungen aus religiösen Gründen als rechtswidrige Körperverletzung eingestuft und damit eine grundsätzliche öffentliche Diskussion ausgelöst. Wer in den letzten Wochen in den jüdischen und muslimischen Gemeinden unterwegs war, der wird Verunsicherung gespürt haben, die nach dem Urteil des Kölner Landgerichts herrschte. Der vorgelegte Gesetzentwurf beinhaltet Kompromisse, die jedoch die Belange der UN-Kinderrechtskonvention nicht ausreichend berücksichtigen. Gerade das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit, welches unser Grundgesetz und die UN-Kinderrechtskonvention garantieren, wird nach meiner Auffassung nicht ausreichend gewürdigt.

Darüber hinaus bedurfte der Regierungsentwurf in dem neu geschaffenen §1631d Absatz 1 BGB eine gesetzliche Klarstellung, dass es bei einer nicht medizinisch indizierten Beschneidung in jedem Fall der vorherigen ärztlichen Aufklärung über Art, Umfang und Folgen des Eingriffs bedarf. Der Gesetzestext des Regierungsentwurfs lässt dies offen und damit Raum für Zweifel. Außerdem wären auch Präzisierungen hinsichtlich der fachlichen Qualifikation der nichtärztlichen Beschneider und der Anforderungen und Modalitäten des Eingriffs erforderlich. Dazu gehört auch eine dem Alter des Kindes angemessene Schmerzbehandlung sowie die Feststellung, dass der Gesundheitszustand des minderjährigen Jungen einer Beschneidung nicht entgegensteht. Auch die Konsequenzen bei einer erkennbaren Abwehrreaktion eines älteren Jungen gegenüber einer Beschneidung (so genanntes Vetorecht) bedurfte einer rechtssicheren Regelung. Zudem ist der Zeitraum, in welchem eine Beschneidung erfolgen soll, willkürlich gewählt. Hierzu gab es Änderungsanträge, die jedoch mehrheitlich abgelehnt wurden.

Die Ablehnung dieser Änderungsanträge und die in den letzten Monaten zunehmend emotionaler gewordene Debatte um eine gesetzliche Regelung der Beschneidung hat mich zu der Entscheidung gebracht, keinem der beiden vorgelegten Gesetzentwürfe zuzustimmen. Beide Gesetzentwürfe schaffen keine gesellschaftlich tragfähige Grundlage, um die mit der Problematik der Beschneidung von einwilligungsunfähigen Jungen aufgeworfenen Fragen zu lösen.

Mit freundlichen Grüßen
Rolf Hempelmann