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Rolf Hempelmann
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Frage von Ariane W. •

Frage an Rolf Hempelmann von Ariane W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Hempelmann,

verzeihen Sie den vielleicht nicht ganz zutreffenden Betreff "Gesundheit" zur Einleitung meines Anliegens. Es geht um die zunehmende Gewalt gegenüber Fahrgästen seitens irregeführter Heranwachsender. Unter den vorgegeben Auswahlbetreffen fand ich kein geeignertes.

Soeben lass ich in einer Online-Zeitung (http://fr-online.de/in_und_ausland/panorama/2006773_Sachsen-Anhalt-Brutaler-ueberfall-auf-Fahrgaeste.html), dass es schon wieder zu Übergriffen auf wehrlose Fahrgäste seitens einer Gruppe Heranwachsender gekommen ist. Dieses Ereigniss ist - wie Sie sicher wissen- nur ein weiteres Unglück einer deutschlandweiten Gewaltserie wie mir scheint. Ich bin sehr besorgt über Gefahren die lauern, wenn man sich dazu durchdringt Zivilcourage zu zeigen. Ich will dieses Thema nicht umschmücken, Tatsache ist das ich davor Angst habe weiterhin Zivilcourage zu zeigen.

Ich möchte gerne Ihre Meinung zu diesen Thema erfahren. Was können wir dagegen tun, was raten Sie den Nutzern des ÖPNV? Und warum werden den Schulen nicht genug Gelder zur Verfügung gestellt, damit die Schüler an proffesionellen Gewalt-Präventions-Kursen teilnehmen können?

Ich bedanke mich, für die hier gegebene Möglichkeit mein Anliegen zu thematiesieren und bin sehr gespannt auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Ariane Wilhelmus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Wilhelmus,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.

Jugendliche Gewalt findet auf vielen öffentlichen Ebenen statt -- an Schulen sowie in den Bussen und Bahnen des ÖPNV wird uns die Problematik besonders deutlich.

Ihre Angst davor, Zivilcourage in Zukunft zu zeigen, ist nachvollziehbar angesichts der Tatsache, dass couragierte Helfer ebenfalls zu Opfern wurden. Allerdings kam es zu dem tragischen Zwischenfall, weil nur eine Person Courage zeigte und ihn die mit anwesenden Bürger im Stich ließen -- Zivilcourage muss für uns alle gelten.

Jugenddelinquenz kann nur durch große gesellschaftliche Bemühungen vermindert werden; neben der Zivilcourage von aufmerksamen Mitbürgerinnen und Mitbürgern stehen die Bildungseinrichtungen sowie die elterliche Erziehung im Fokus der Verantwortung.

Ihre Frage nach Gewalt-Präventionskursen an Schulen zielt genau darauf ab. Grundsätzlich verantwortlich für solche Angebote sind die jeweilige Landesregierung bzw. die Schulministerien der Länder.

Eine Publikation des Deutschen Jugendinstituts (DJI) aus dem Jahr 2007 unter dem Titel "Strategien der Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter -- Eine Zwischenbilanz in sechs Handlungsfeldern" thematisiert die Bereiche, in denen der Staat Verantwortung übernehmen kann. Den Kindertagesbetreuungseinrichtungen, Schulen und der Kinder- und Jugendhilfe fällt diese Aufgabe zu.

Die Finanzierung von Gewalt-Präventionskursen, Deeskalations-Coaching, Anti-Aggressions-Trainings muss von den Ländern gestärkt werden.

Einige gute Projekte gibt es bereits: Zivile Konfliktbearbeitung in Form des Streit-Schlichter-Modells, das an vielen Schulen (und Jugendhilfeeinrichtungen) projektartig umgesetzt wird, scheint geeignet, um Gewalthandlungen zwischen Kindern und Jugendlichen einzudämmen. Allein im Regierungsbezirk Köln werden an mehr als 200 Schulen Streitschlichterprogramme durchgeführt. Inzwischen wurden mehr als 1000 Lehrkräfte, die wiederum Schülerinnen und Schüler ausbilden, von der Thomas-Morus-Akademie in Bensberg für dieses Modell ausgebildet.

Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V. (KfN) im Auftrag des Bundesministeriums des Innern (Titel: Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt) belegt, dass sich das Ausmaß der Jugendgewalt in den letzten Jahren nicht drastisch erhöht hat.

Die zugrundeliegende repräsentative Dunkelforschung zum Thema Jugendkriminalität, welche 1998 mit ihren Befragungen begann, verzeichnet eine gleichbleibende bis rückläufige Tendenz. Leider vermittelt die Medienberichterstattung über Jugendgewalt oftmals den gegenteiligen Eindruck.

Die Überwachung von Bahnhöfen und Bussen bzw. Bahnen mag für die Aufklärung von Gewaltdelikten hilfreich sein, dennoch mindert es nur selten die Hemmschwelle von gewaltbereiten Jugendlichen.

Schnellschüsse wie der weitere Ausbau der Überwachungskultur sollten vermieden werden. Vielmehr gilt es, die Präventionsarbeit zu stärken und dadurch Gewaltdelikte zu verhindern

Der neugewählte SPD-Oberbürgermeister der Stadt Bonn hat bspw. angeregt, Fahrgastbegleiter in Zeiten der erhöhten Gewaltausübung -- insbesondere abends und nachts -- einzusetzen und somit die Sicherheit aller zu gewährleisten. Das ist ein guter Ansatz, um die Ausbrüche von Gewalt zu vermindern und die "gefühlte" Sicherheit der Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln zu erhöhen. Eine wichtige Aufgabe aber besteht vor allem darin, Kindern und Jugendlichen in allen Bildungseinrichtungen -- und dazu gehört selbstredend auch das Elternhaus -- ein Bewusstsein für den respektvollen Umgang mit allen Teilen der Gesellschaft und in allen Bereichen des Alltags zu schaffen.

Die Zivilcourage aufmerksamer Mitmenschen bleibt in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung und verdient größten Respekt.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Hempelmann