Frage an Rodolfo Panetta von Simone T. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Panetta,
Ihre Partei fordert in Ihrem Parteiprogramm die Abschaffung der 5-Prozent-Sperrklausel bei Parlamentswahlen. Dies würde sämtliche Parlamente um weitere Parteien bereichern. Glauben Sie, dass unter solchen Umständen, wenn z.B. 20 Parteien im Parlament vertreten sind, überhaupt noch eine handlungsfähige Regierung gewählt werden könnte?
Mit freundlichem Gruß
Simone Töllner
Liebe Frau Töllner,
nicht die kleinen, sondern die großen und mächtigen Parteien haben unser Land in diese Krise geführt, mit der wir heute zu kämpfen haben. Wer nicht in den Parlamenten vertreten ist, wird in der Regel von der Meinungs- und Willensbildung in den Medien ausgeschlossen. Bei rechten Parteien geschieht dies selbst dann, wenn sie im Parlament sitzen.
Die Fünf-Prozent-Hürde ist für die Regierenden ein Mittel zum Machterhalt, welches nicht getrennt von wirtschaftlicher und publizistischer Macht gesehen werden darf. Mächtige Netzwerke aus Wirtschaft und Politik steuern über Medienkonzerne, Fernsehsender, Zeitungsverlage und Bildungseinrichtungen die öffentliche Meinung. Sie lehren die Menschen, was "anständig" ist und was als "unanständig" zu gelten hat. Dieses System heißt "political correctness". Nur wenige Menschen verfügen über das geistige Rüstzeug, sich des eigenen Verstandes zu bedienen und Manipulationen zu erkennen. Parteien, Menschen und Meinungen, welche den Mächtigen gefährlich werden könnten, werden vom Diskurs ausgegrenzt und stigmatisiert. Werkzeuge der Ausgrenzung sind etwa die Verfassungsschutzberichte und die Fünf-Prozent-Sperrklausel. Bei den Kommunalwahlen, wo es nicht um lukrative Pfründen geht und wo die Macht der Parteien kaum bedroht ist, gibt es auch keine Sperrklausel.
Eine Partei wie die Republikaner, welcher der Zugang zu den wichtigsten Medien des Landes willkürlich verwehrt wird, hat kaum die Möglichkeit, die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern. Das ist auch der Sinn der Regel. Noch brutaler wäre die Einführung des Mehrheitswahlrechts. Die Gefahr einer handlungsunfähigen Regierung durch mehrere Kleinparteien im Parlament ist zwar nicht ganz von der Hand zu weisen. Im Interesse einer pluralen Zusammensetzung unserer Volksvertretungen würde ich aber dagegen andere Abhilfen suchen.
Mit freundlichem Gruß
Rodolfo Panetta