Sehr geehrter Herr Mesarosch, der nächste Bundestag wird u. a. durch Überhangmandate stark vergrößert sein. Wie sehen die Schritte der SPD für eine Wahlrechtsreform aus?
Die letzten Reförmchen sind weder ausreichend noch erfolgreich. Sie kosten Unmengen an Geld und machen die Arbeit des Bundestages noch träger, unübersichtlicher, noch bürokratischer und noch schwieriger nachvollziehbar. In Zeiten klammer Kassen und dringend benötigter transparenterer und demokratischerer Einblicke und Prozesse, Stichworte "Lobbyismus" und "direkte Bürgerbeteiligung auf Bundes- und Landesebene" sind die bisherigen Schritte mangelhaft.
Sehr geehrte Frau Haile,
ich teile Ihre Bedenken. Der Bundestag war bereits in den letzten vier Jahren zu groß und er droht bei dieser Wahl noch deutlich anzuwachsen. Die SPD stand für eine Wahlrechtsreform bereit. Leider sperrten sich CDU und CSU.
Nun zu meinen Vorstellungen: Mir ist wichtig, dass die Verhältnismäßigkeit in unserem Wahlrecht erhalten bleibt. Was heißt das? Wenn eine Partei 30 Prozent der Stimmen bekommt, muss sie auch 30 Prozent der Sitze im Parlament bekommen. Das ist für mich ganz zentral. Diese Vorgehensweise bildet die Interessen der Bevölkerung am besten ab.
In Deutschland haben wir die Verhältnismäßigkeit. Allerdings haben wir gleichzeitig auch Direktwahlen in den Wahlkreisen nach dem Mehrheitsprinzip. Diese Kombination führt dazu, dass immer mehr Ausgleichsmandate anfallen, seitdem inzwischen mehr Parteien im Bundestag vertreten sind als früher.
An vielen Stellschrauben kann man hier nicht drehen.
Man kann die Verhältnismäßigkeit abschaffen, indem man Ausgleichsmandate verfallen lasst. Das halte ich aber wie bereits erwähnt für undemokratisch.
Man kann die Menge der Wahlkreise reduzieren. Das klingt erst einmal gut, hat aber auch enorme Nachteile. Erstens muss man als Abgeordneter Leuten in ihrem konkreten Einzelfall helfen können - so verstehe zumindest ich das Amt. Das wird aber sehr viel schwerer, wenn man für noch mehr Menschen zuständig ist. Zweitens haben in großen Wahlkreisen die Leute aus den unterschiedlichen Ecken oft nichts mehr miteinander zu tun und somit ganz unterschiedliche Interessen. So ist es bereits in meinem Wahlkreis, der sich aufgrund der niedrigen Bevölkerungsdichte über eine weite Gegend erstreckt. Als Abgeordneter fällt es hier schwer, gemeinsame Themen zu finden, mit denen sich alle identifizieren können. Das ist aber wichtig dafür, dass sich alle von ihren Abgeordneten vertreten fühlen.
Daher ist mein Vorschlag: Wir müssen bei den Direktmandaten kürzen. Es ist wichtig, dass Wählerinnen und Wähler eine Kandidatin oder einen Kandidaten mit der Erststimme direkt wählen können. Gleichzeitig ist das aus meiner Sicht die beste Stellschraube, um bei unseren politischen Verhältnissen die Größe des Bundestags im Rahmen zu halten. Konkret sieht das so aus: Wer die Mehrheit und ein starkes Ergebnis bei den Erststimmen holt, zieht weiter direkt in den Bundestag ein. Sollte der Bundestag aber über eine gewissen Abgeordnetenzahl kommen (ca. 600 Abgeordnete), müsste man die Direktmandate mit den schlechtesten Ergebnissen streichen. Wer zum Beispiel in seinem Wahlkreis die Mehrheit holt aber vielleicht nur 25 Prozent der Stimmen, könnte dann nicht mehr einziehen. Das halte ich für vertretbar, da es auch um die Arbeitsfähigkeit unseres Parlamentes geht.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten. Melden Sie sich jederzeit gerne wieder.
Mit freundlichen Grüßen
Robin Mesarosch