Frage an Robert Wendt von Jan G. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Wendt,
es ist unübersehbar, dass die Politik seit Jahren immer mehr auf das Militär als Mittel der Politik setzt, um auf Krisen in der Welt zu reagieren und "die Interessen Deutschlands zu verteidigen.
Meine Fragen sind:
- Inwieweit werden Ihres Erachtens die Möglichkeiten Deutschlands gewaltfrei auf Konflikten Einfluss zu nehmen bereits genutzt? Was könnten Bundestag und Bundesregierung zudem unternehmen (Stichwort: Aktionsplan Krisenprävention) ?
- Wie bewerten Sie den Umbau der Bundeswehr zu einer "Armee im Einsatz" und die (Kampf-) Einsätze wie in Afghanistan? Warum liegt bis heute keine Wirkungsanalysen des dt. Engagements in Afghanistan vor?
- Wie bewerten Sie die große Zahl an Rüstungsexporten Deutschlands (laut SIPRI Platz 3 weltweit) und die Absicht der Bundesregierung, Staaten wie Saudi-Arabien (die Menschenrechte ignorieren) aufzurüsten, damit sie "unsere Interessen" in der Region verteidigen?
- Wie stehen Sie dazu, dass die NATO weiterhin den Einsatz von Atomwaffen in ihrer Strategie vorsieht und das Arsenal erneuern will? Wie bewerten Sie, dass in diesem Rahmen weiterhin Atomwaffen in Deutschland lagern und im Einsatzfall von deutschen Soldaten "bedient" werden?
- Wäre es aus Ihrer Sicht wünschenswert, dass nicht die Bundeswehr politische Bildung in Schulen anbietet und durchführt, sondern dies direkt und ausschließlich durch Lehrtkräfte erfolgt?
Für eine baldige Antwort wäre ich Ihnen dankbar.
Mit freudlichen Grüßen
Jan Gildemeister
Sehr geehrter Herr Gildemeister,
vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse.
„Frieden schaffen ohne Waffen“ - dieser Anspruch war ein Antrieb der grünen Parteiwerdung. Auch ich wurde politisiert, als ich als Schüler unter anderem gegen den Irakkrieg 2003 auf die Straße ging und bin überzeugt, dass wirklicher Frieden nur politisch, nicht militärisch erreicht werden kann. Wir Grüne wollen zivile Krisenprävention und Konfliktbearbeitung ins Zentrum der deutschen Außenpolitik rücken. Es braucht eine umfassende Nationale Friedensstrategie, effektivere Strukturen, mehr Geld und Personal für zivile Friedensförderung in den Bereichen Konflikttransformation, Gender-Mainstreaming, Polizei, Justiz, öffentliche Verwaltung, Parlamentsaufbau, Dialog und Versöhnung. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für ein EU-Friedensinstitut zur Stärkung der Mediation und eine Stärkung der Krisenprävention im Europäischen Auswärtigen Dienst ein.
Am Ende des NATO-Einsatzes im Rahmen von ISAF in Afghanistan sehen wir, dass die Konflikte in Afghanistan nicht militärisch zu lösen sind. Daher wollen wir Grüne alles unternehmen, um über Verhandlungen und Gespräche einen Aussöhnungsprozess zu beginnen. Und nur durch ein umfassendes und glaubwürdig finanziertes zivilgesellschaftliches und entwicklungspolitisches Programm, das die Stärkung der Frauenrechte im Blick hat, können wir den Wiederaufbau des Landes sicherstellen. Selbstverständlich müssen wir aus diesem und anderen Einsätzen auch durch Wirkungsanalysen lernen, klare Grenzen und Kriterien für Auslandseinsätze entwickeln und ziviler Krisenprävention und Konfliktbearbeitung immer den Vorrang geben
Ich bin froh, dass wir Grüne in unserem Mitgliederentscheid "Keine Rüstungsexporte zu Lasten von Menschenrechten - ein Rüstungsexportgesetz beschließen" zu einem unserer wichtigsten Schlüsselprojekte gewählt haben, die wir nach dem 22.09. umsetzen wollen, da es zweifellos richtig ist, dass Rüstungsexporte eingedämmt werden müssen. Dazu wollen wir ein Gesetz, das die Kriterien der Rüstungsexportrichtlinie, insbesondere die Menschenrechtslage im Empfängerland und die Gefahr der inneren Repression, fest verankert. Außerdem soll das Auswärtige Amt für Rüstungsexporte zuständig sein. Wir wollen den Bundessicherheitsrat in seiner jetzigen Form abschaffen. Die Geheimhaltung der Beschlüsse über Rüstungsexporte wollen wir aufheben. Der Deutsche Bundestag wird vor einer beabsichtigten Rüstungsexportgenehmigung bei besonders sensiblen Exporten darüber unterrichtet und erhält die Möglichkeit für ein aufschiebendes Veto zur Stellungnahme. Zudem brauchen wir vergleichbar strikte Regeln für den Export von Überwachungstechnologien. Der Export von Waffen und Software zur Überwachung von Kommunikation und Internet an Diktaturen muss gestoppt werden.
Wir Grüne wollen den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland und kämpfen für Global Zero, für eine Welt ohne Atomwaffen - deshalb streiten wir auch weiterhin für eine Nuklearwaffenkonvention, um Atomwaffen völkerrechtlich zu ächten. Die Stationierung von Atomwaffen in Büchel und die Befähigung deutscher Flugzeuge und PilotInnen zum Einsatz oder Transport von Atomwaffen müssen beendet werden. Wir setzen uns dafür ein, die von den Vereinten Nationen vorgeschlagene Konferenz zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten zum internationalen Erfolg zu führen. Den Verkauf und die Überlassung von Waffenträgern, die zur nuklearen Bewaffnung in der Region beitragen können, lehnen wir ab und wollen wir verhindern, einschließlich der Lieferung weiterer atomwaffenfähiger U-Boote. Um die weitere Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, werden wir uns aktiv dafür einsetzen, dass auch die Verbreitung der zivilen Nutzung von Atomtechnologie gestoppt wird. Je mehr Staaten den nuklearen Brennstoffkreislauf beherrschen, umso mehr Staaten können auch Atombomben bauen. Deshalb streben wir eine Anpassung des Atomwaffensperrvertrags an und wollen Hermes-Bürgschaften für AKW-Projekte im Ausland verbieten.
Aus meiner Sicht wäre es in der Tat wünschenswert, wenn die Bundeswehr - und im Übrigen auch der Verfassungsschutz - keine politische Bildung an Schulen tätigen würden. Neben der grundsätzlichen Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer im Bereich der politischen Bildung fordern wir Grüne auch die Förderung weiterer expliziter friedenspädagogischer Angebote an Schulen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen hiermit beantworten und stehe Ihnen ansonsten aber gerne auch für weitere Fragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Robert Wendt