Frage an Robert Hochbaum von Rico K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Hochbaum,
aktuell arbeitet das Kabinett mit Hochgeschwindigkeit an einer Möglichkeit einer Sperrung von Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt. Verschiedene Stellen vertreten die Auffassung eines Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis.
Der Dresdner Datenschutzrechtler Andreas Pfitzmann bezeichnete die Pläne als "weitestgehend wirkungslos". Wer wirklich an Kinderpornographie kommen wolle "und nicht mal aus Versehen auf eine Seite tappt", werde trotz der Sperren weiterhin vollen Zugriff haben.
Lt. Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft sei aus bekannt, dass fast alle gesperrten Seiten aus USA, Ca, Oz und Europa kämen. Auch wäre nicht auszuschließen, dass die Sperrlisten rechtmäßige Angebote enthalten. Weiter sagte Alvar Freude, Vorstandsmitglied des Fitug "Es geht um die Etablierung eines umfangreichen Filter-Systems für beliebige Inhalte. Weitergehende Sperren wurden schon ins Gespräch gebracht, bspw Urheberrechtsverletzungen, ausl. Anbieter von Online-Glücksspiel, islamistische Propaganda, jugendgefährdende Inhalte pp. Die Vergangenheit zeigt, dass das Missbrauchspotential nicht nur groß ist, sondern auch genutzt wird. Kinderpornografie wird als Vorwand benutzt, um Filtersysteme politisch durchzusetzen."
Lt. Bundesfamilienministeriums lassen sich ca. 20 Prozent (Hardcore-User) generell von der Sperrung öffentlicher Internetseiten wohl nicht abhalten. Diese bewegen sich in geschlossenen Peer-to-Peer Netzwerken, haben eigenständige Foren und sind nicht auf öffentliche Netzseiten angewiesen. "Dagegen können wir letztlich nichts tun“ so Hauptgeschäftsführer Bitkom, B. Rohleder.
Die Linksfraktion kritisiert das geplante Gesetz als "Einfallstor für die nationale Zensur des Internets".
Eindeutige Umfrage der Tagesschau:
7480 Stimmen, 40,8% für, 57,6% gegen eine Filterung
http://umfrage.tagesschau.de/umfrage/poll_dbdata.php?oid=kinderpornografie122
Mit welchen Worten würden Sie die aktuelle Diskussion beschreiben?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kirchhübel,
für Ihre Email bezüglich der Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet möchte ich mich bedanken und gern dazu Stellung beziehen. Oberstes Gebot ist für mich und die Bundesregierung, dass der Schutz, die Unverletzlichkeit und die Würde des Kindes als ein weit größeres Gut anzusehen ist als die Massenkommunikation. Die Freiheit der Kommunikation kann meiner Meinung nach auf keinen Fall höher bewertet werden.
Aus diesem Grund ist für mich die Behauptung von Herrn Alvar Freude „Kinderpornographie wird als Vorwand benutzt, um Filtersysteme politisch durchzusetzen“, wie in Ihrem Schreiben angeführt wird, nicht nachvollziehbar, ja geradezu unvorstellbar.
Mit der von uns beabsichtigten Sperrung von – bzw. Blockierung des Zugriffs auf – Seiten mit kinderpornografischem Inhalt wird nicht an dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Kommunikationsfreiheit gekratzt. Allerdings soll der Vorstellung Einhalt geboten werden, die Freiheit des Internet bedeute, das Internet sei ein rechtsfreier Raum.
Das Ziel, das wir verfolgen, ist, neben dem Schutz der Opfer, den kommerziellen Massenmarkt für Kinderpornographie im Internet empfindlich zu stören. Weiterhin setzen wir damit ein klares gesellschaftliches Zeichen dass dieses schmutzige Geschäft, welches Kinder zum Gegenstand perverser Ideen und Taten von Erwachsenen macht, mit allen Mittel unterbunden und verfolgt werden muss. Ich versichere Ihnen, die Bundesregierung wird diese Auseinandersetzung in harter, energischer Gangart führen. Andere Staaten sind uns diesbezüglich weit voraus. Ich denke da an die skandinavischen Länder, die Schweiz, Großbritannien, Niederlande, Neuseeland und sogar Italien, die gut funktionierende Netzwerke gebildet haben und es auch technisch beherrschen, den Aufbau der Verbindung zu kinderpornographischen Seiten zu sperren. Listen mit diesen Seiten werden unter den Staaten innerhalb von Sekunden ausgetauscht. Auf diese bestehenden Netzwerke setzen wir und haben ein Gesetzgebungsverfahren initiiert, in dem ein verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten im Internet geschaffen wird.
Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass jeder Schritt, der das perfide Massengeschäft der Kinderpornografie im Internet verhindert, ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Hochbaum