Frage an Robert Geheeb von Benjamin B. bezüglich Verkehr
Lieber Herr Geheeb,
Sie sind Bürgermeister und ich bin Einwohner von Leutenberg, wir kennen uns ja auch persönlich.
Bei den Thesen steht, Sie lehnen Vorrang für Radwege ab.
Leutenberg ist praktisch ausschließlich per Auto erreichbar! Der letzte Zug fährt um 8, der Takt ist zweistündig. Einen nutzbaren Fuß oder gar Radweg gibt es nicht.
Mit meinem Pedelec brauche ich über die Bundesstraße 32 Minuten bis Saalfeld, verbrauche 10% Akkuladung und komme ohne große Erschöpfung an. Über den offiziellen "Radweg" (kaputten Waldweg) von Kaulsdorf bis Saalfeld benötige ich etwa 100 Minuten, verbrauche 60% Akkuladung und bin völlig ausgepowert.
Unsere Straßen sind gefährlich. Ich müsste eigentlich auf jeder Fahrt nach Saalfeld ungefähr 5 Autofahrer wegen Nötigung beim Überholen anzeigen. Vor ein paar Wochen hat mich ein LKW trotz entgegenkommendem LKW überholt. Es waren nur Zentimeter zwischen dem Asphaltrand und meinen Rädern sowie zwischen meinem Lenker und dem LKW. Ich bin wirklich froh, dass ich das überlebt habe, sonst wär's mit Herricht und Preil Auftritten in Leutenberg aus gewesen. Das es keine Alternative gibt, regt sowohl Rad- als auch Autofahrer auf, sonst würden viele nicht derart riskant überholen.
Ich benutze das Fahrrad, um von A nach B zu kommen. Ein Auto habe und brauche ich nicht. Ich fahre regelmäßig die Strecke Ilmenau – Leutenberg. Der Radweg von Ilmenau bis Saalfeld ist an vielen Stellen schlecht, aber noch befahrbar. Zwischen Saalfeld und Kaulsdorf ist er defakto unbefahrbar. Von Hockeroda bis Leutenberg gibt es absolut gar nichts, außer der Bundesstraße, und die ist wirklich saugefährlich auf dem Stück.
Es gibt in Thüringen faktisch ausschließlich für Autos eine gute Mobilitätsinfrastruktur. Das weiß ich, den ich benutze diese mit dem Fahrrad, weil Sie mir keine Wahl lassen. Wollen Sie trotzdem keine Veränderung in der Förderung? Halten Sie es wirklich für vertretbar, weiter das Leben von Fahrradfahren zu gefährden und Autofahrer zu nerven?
Sehr geehrter Herr Buch,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie beschreiben die Situation für Radfahrer unserer Stadt Leutenberg sehr treffend. Die B90 zwischen Hockeroda und Leutenberg ist für Radfahrer vollkommen ungeeignet und sehr gefährlich. Eine andere Route gibt es de facto nicht. Das ist uns bekannt - und wir haben dies auch dem zuständigen Straßenbauamt mitgeteilt. Im August haben Stadtverwaltung und Straßenbauamt eine Vor-Ort-Begehung durchgeführt. Wir sind uns einig, dass es - so schnell wie möglich - einen Radweg braucht. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: den bau eines touristischen Radwegs oder - das ist unsere erste Wahl - den Bau eines straßenbegleitenden Radwegs. Für ersteren wäre das Tourismusministerium der Ansprechpartner - und müsste diesen Fördern - für letzteren ist das Infrastrukturministerium zuständig. Leider ist es bei Infrastrukturprojekten so, dass die Planung und Umsetzung viele Jahre dauert - was meist damit zusammenhängt, dass die Maßnahmen viele Grundstücke berühren. Daran können wir nichts ändern - und wir bedauern das. Sie sehen aber, wir sind bemüht und treiben das Thema voran. Dennoch: einen Vorrang für Radwege - was immer damit genau gemeint ist und wie das gehen soll - halte ich nicht für sinnvoll. Denn das ändert nichts an den Problemen und Zeitschienen, die Infrastrukturprojekte wie Radwege mit sich bringen. Es muss immer der Einzelfall betrachtet werden - und in der zurückliegenden Legislatur wurde der Anteil der für Radwege eingesetzten Gelder im Vergleich zum normalen Straßenbau sukzessive erhöht. Da sollte auch künftig der Fall sein - dennoch sehen Sie insbesondere an den vorhandenen Landesstraßen in unserer Region (etwa rund um Lehesten, um den Hohenwartestausee etc.), dass es auch da noch enormer Investitionen bedarf, um einen vernünftigen Zustand zu erreichen. Und wo immer es geht - sollte dabei die Nutzung durch Radfahrer gleich mit geplant und sichergestellt werden.
Zu ihrer letzten Frage: selbstverständlich halte ich es nicht für vertretbar, das Leben von Radfahrern zu gefährden. Das Gebot der gegenseitigen Vorsicht und Rücksichtnahme ist jederzeit und von allen Verkehrsteilnehmern zu beachten.
Abschließend: Ich wünsche Ihnen allzeit unfallfreie Fahrt. Geben Sie auf sich acht und fahren Sie vorsichtig.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Geheeb