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Robert Bauer
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Frage von Jens S. •

Frage an Robert Bauer von Jens S. bezüglich Soziale Sicherung

..und noch eine letzte Frage zu ihrem sogenannten " Piraten-" Programm" : Alles was Sie da fordern :
Energiewende/ Umweltpolitik, Bio-Essen an Schulen/Kitas,Mehr Mitbestimmung/Demokratie/Bürgerbeteiligung/Inklusion usw... das machen doch die Grünen und die Linken längst ! Warum soll man da die Piraten wählen und die Parteien "schwächen" die das längst wollen ?? Im Übrigen : ALg 2 - " menschenunwürdig" ?? 399 € + Miete ! ( weiß ich von nen Bekannten der dies bezieht ) Gehn se mal nach Afghanistan - da ist die Menschenwürde in Gefahr... Is meine Meinung.
Ich hoffe sie nehmen das nicht persönlich. Nochmal freundliche Grüße, J. S., Bremer Bürger

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank auch für diese Frage, die ich keineswegs persönlich nehme.

Ohne andere Parteien, die mir auch näher stehen als Union, FDP und SPD "bashen" zu wollen, kann ich nicht erkennen, dass die Grünen die Energiewende und Umweltpolitik dort, wo sie an Regierungen beteiligt waren, auch nur annähernd schnell genug vorangetrieben haben. Der von Rot-Grün beschlossene Atomausstieg in 30-40 Jahren zeugte von der mangelnden Konsequenz der Grünen, wenn es darum geht, Wahlversprechen einzulösen.

Auch in Bremen müssten wir keinen langen Forderungskatalog verfassen, wenn die Grünen in der Regierung ihre Hausaufgaben gemacht hätten. Symbolpolitik wie der autofreie Sonntag und die sinnfreie Umweltzone helfen nicht, die Stadt von Verkehr und Emissionen zu entlasten. Eine konsequente Umgestaltung der Bremer Infrastruktur mit fahrscheinlosem ÖPNV und Ausbau des Radwegenetzes haben die Grünen während ihrer Regierungsbeteiligung bislang nicht angegangen.

Im Gegenteil wiederholt Rot-Grün umweltpolitische Sünden der großen Koalition z.B. mit dem Beschluss, mit der Gartenstadt Werdersee eines der letzten Brachgebiete Bremens zuzubauen. Dieses Bauen auf der Grünen Wiese wurde von den Grünen immer kritisiert. Nicht nur, dass sie es nun betreiben, nein, sie vermeiden auch eine echte Bürgerbeteiligung bei dieser Entscheidung.

Gerade bei Inklusion und Mitbestimmung klaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit eben große Lücken.

Auch mit dem neuen Beirätegesetz sind die Beiräte weitgehend zahnlose Kummerkastentanten geblieben. Bürgerbeteiligung sieht oft so aus, dass Behördenvertreter auf Beiratssitzungen Powerpointpräsentationen von dem liefern, was mehr oder weniger beschlossen ist. Das erinnert polemisch zugespitzt an Douglas Adams "Per Anhalter durch die Galaxis":

»Aber Mr. Dent, die Pläne lagen die letzten neun Monate im Planungsbüro aus.«

»O ja. Als ich davon hörte, bin ich gestern Nachmittag gleich rübergegangen, um sie mir anzusehen. Man hatte sich nicht gerade viel Mühe gemacht, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Ich meine, dass man’s jemandem gesagt hätte oder so.«

»Aber die Pläne lagen aus ...«

»Lagen aus? Ich musste schließlich erst in den Keller runter ...«

»Da werden sie immer ausgehängt.«

»Mit einer Taschenlampe.«

»Tja, das Licht war wohl kaputt.«

»Die Treppe auch.«

»Aber die Bekanntmachung haben Sie doch gefunden, oder?«

»Jaja«, sagte Arthur, »ja, das habe ich. Ganz zuunterst in einem verschlossenen Aktenschrank in einem unbenutzten Klo, an dessen Tür stand "Vorsicht! Bissiger Leopard!"«

Derzeit wird auch in Bremen Politik noch so gestaltet, dass die Menschen eher davon abgehalten als ermutigt werden, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern.

Im Falle der Inklusion wird ein die Gesellschaft bereicherndes Modell im gesellschaftlichen Diskurs zunehmend diskreditiert, da nicht für ausreichend geschultes Personal gesorgt wird, um die beschlossene Inklusion angemessen umzusetzen. Unter dem derzeitigen Spardiktat leiden so im Schulsektor beschäftigte ebenso wie Kinder mit und ohne besonderen Förderbedarf.

Die Situation der Menschen in Afghanistan ist in weiten Teilen verheerend, da stimme ich ihnen zu. Es ist daher wichtig, dass die NATO in Afghanistan nach dem militärischen Eingreifen nicht nur an die ökonomischen Interessen der Rüstungsindustrie sondern auch anderer Wirtschaftszweige denkt und für einen Wiederaufbau in Afghanistan sorgt, um die fragile entstehende Zivilgesellschaft und Demokratie zu stärken. Dazu gehören auch Ausstiegsangebote für Taliban, die oft nichts anderes gelernt haben, als Berufskrieger zu sein.

Dies ändert aber nichts an der Obszönität der wachsenden Wohlstandsunterschiede in Deutschland. Zwar schaffen es einige Menschen gut, mit ALG II über die Runden zu kommen, doch kenne ich auch privat mehr als genug Menschen, die z.B. aus ihren Wohnungen heraus genötigt werden, da diese zu teuer sein und die in Wohnungen leben müssen, in denen sie im Winter nicht ausreichend heizen oder in denen sie aus ihrem alten sozialen Umfeld gerissen sind. Dies steht im Kontrast zu immer größerem gesellschaftlichen Reichtum. Durch das System "Hartz IV" wird diesen Menschen eine pauschale Schuld an ihrer Situation gegeben, die nicht vorhanden ist in einer Zeit, in der Vollbeschäftigung ein vollkommen illusorisches Fernziel ist.