Rico Walter-Bretschneider
FREIE WÄHLER
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Frage von Friedrich P. •

Frage an Rico Walter-Bretschneider von Friedrich P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Walter-Bretschneider,

der Lehrermangel begleitet uns nicht erst, seit er in den Medien breitgetreten wird. Sachsen Regierung reagiert bspw. mit Verbeamtung - wie ist Ihre Meinung dazu, bringt dies etwas ja/nein/vielleicht - vor allem was?

Gleichzeitig sind wir massiv auf Seiteneinsteiger angewiesen bzw. versuchen damit die Lücken (auch perspektivisch dauerhaft) zu schließen - wie ist Ihre Meinung dazu, macht dies Sinn ja/nein/vielleicht, wie ist Ihre Meinung dazu Vor-/Nachteile?.

"Man" hört, dass es in Lehrerkollegien teilweise rumort, weil plötzlich "die da" von außen kommen - wenn dem so ist, kann das nicht förderlich für's Schulklima sein - wie sehen Sie das?

Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Pechbrunn,

gern beantworte ich Ihnen Ihre Fragen.
Lassen Sie mich mit den Worten von Kurt Biedenkopf (CDU) beginnen: " Solange ich Ministerpräsident des Freistaates Sachsen bin wird es mit mir keine verbeamteten Lehrer geben". Das Grundproblem des Lehrermangels liegt also schon in den neunziger Jahren unter der damaligen Regierung von Kurt Biedenkopf begründet. Dieser Mangel liegt also schon mehr als 25 Jahre zurück. In diesen Jahren wurden in Sachsen sehr viele junge Menschen zu Lehrern ausgebildet, welche nach dem Studium den Freistaat verlassen haben. Gründe dafür sind unteranderem eine mangelnde Perspektive und die fehlende persönlichen Sicherheit. Ein weitere Grund ist, dass in anderen Bundesländern die Laufbahn als Beamter/in ermöglicht wird. Dies ist übrigens auch ein Problem im Bereich der Allgemeinen Verwaltung im Staatsdienst, der Verlust von hervorragend ausgebildeten jungen Menschen an andere Bundesländer. Mit dem Verlust von ausgebildeten Lehrern entstanden folgenden Probleme:

•             Unterrichtsausfall,
•             Verringerung von Schulstunden
•             Überalterung der Lehrerschaft und
•             keine Nachbesetzung von unbesetzten Stellen.
 
Der immanente Mangel an Lehrern macht sich insbesondere im ländlichen Raum bemerkbar. Es wurde seit Jahren von den entsprechenden Verbänden und Gewerkschaften darauf hingewiesen, dass der Lehrermangel mit den jetzt auftretenden Erscheinungen in genau diesem Umfang eintreffen wird.

In den letzten Jahren mussten die Lehrer und Lehrinnen des Freistaates Sachsen unter größtmöglichen schulischen aber auch persönlichen Belastungen den Betrieb in den Schulen sicherstellen. Die Sächsische Staatsregierung hat gehandelt. Zur Zeit werden alle Lehrer und Lehrerinnen, die als tarifbeschäftigte Bedienstete angestellt sind und unter der Altersgrenze von 42 Jahren liegen, verbeamtet Bei dieser Verfahrensweise wird außer Acht gelassen, dass Lehrer und Lehrerinnen, welche über der Altersgrenze von 42 Jahren liegen nicht in ein Beamtenverhältnis überführt werden können. Wenn wir über Verbeamtungen reden, dann müssen zunächst die Lehrer, die in den letzten Jahren die Belastungen getragen haben in den Erfahrungsstufen und der Eingruppierung entsprechend entlohnt werden, so wie die Kollegen die jetzt in ein Beamtenverhältnis überführt werden.

Um Ihre Frage zu beantworten. Ich spreche mich für eine Verbeamtung von Lehrern und Lehrerinnen nach dem Referendariat aus. Hierbei steht die Wahlmöglichkeit Beamter oder Beamtin des Freistaates Sachsen zu werden natürlich im Vordergrund. Die Entscheidung die Lehrerschaft wieder zu verbeamten bringt dem Freistaat Sachsen in jedem Fall und damit den Bürgern und dem Schulbetrieb entscheidende Vorteile. Ein Lehrer der verbeamtet ist, hat eine Bindung an den Freistaat Sachsen. Er ist flexibel einsetzbar, erhöht den planbaren Personalbestand und zeigt dem Beamten Entwicklungsmöglichkeiten auf. Das Beamtenverhältnis bietet damit für den Freistaat Sachsen, als auch für den Lehrer, Planungssicherheit. Nur so kann dem Personalmangel mittel- bis langfristig entgegengewirkt werden. Der Freistaat Sachsen hat zudem durch seine Weisungsbefugnis die Möglichkeit Personalvakanzen im ländlichen Raum zu schließen. Ich spreche mich dafür aus, dass an der Verbeamtung von Lehrern im Freistaat Sachsen festgehalten und diese ausgebaut wird. Hierbei handelt es sich aufgrund der Länge des Studiums von Lehrern um ein langfristiges Problem, welches auch mit Verbeamtungen nicht unter 10 Jahren zu lösen sein wird.

Das Problem der entstandenen der Stellenvakanzen bringt mich zu Beantwortung Ihrer zweiten Frage.

Die Nachbesetzung von vakanten Stellen mit Seiteneinsteigern ist eine Maßnahme, die der Überbrückung und Sicherstellung des Schulbetriebes dienen kann aber einen voll ausgebildeten Lehrer nicht ersetzen kann. Als Lehrer ist man nicht nur Pädagoge, sondern auch Erzieher, Psychologe oder auch manchmal ein Ersatzelternteil. Diverse Fähigkeiten können nur in einem Lehramtsstudium vermittelt werden. Da viele Seiteneinsteiger eben über dieses (pädagogische) Studium nicht verfügen, müssten zunächst mehr Plätze zur Qualifizierung zur Verfügung stehen. Diese Plätze gibt es jedoch nicht. Aus diesem Grund können Seiteneinsteiger nicht das gleiche Ausbildungsniveau erreichen und damit keinen adäquaten Ersatz für voll ausgebildete Lehrer darstellen. Der Vorteil der schnellen Überbrückung von Vakanten ist nicht von der Hand zu weisen. In der derzeitigen Situation macht es Sinn, auf Seiteneinsteiger zurückzugreifen. Es muss aber gewährleistet sein, dass diese weiter qualifiziert werden. Im Ergebnis: es können nur vollausgebildete Lehrer, mit einer wissenschaftlichen und schulpraktischen Ausbildung, das Bildungsniveau im Freistaat Sachsen erhalten. Somit werde auch gesichert, dass der Freistaat Sachen in den nächsten Jahrzenten ebenfalls den ersten Platz im Bildungsmonitor belegt.
 
Die Unzufriedenheit der Lehrerschaft gegenüber Seiteneinsteigern ist für mich nachvollziehbar. Es muss klar dargestellt werden, dass dies ein adäquates Mittel ist, um Entlastung zu schaffen. Es soll sich aber nicht als Dauerzustand etablieren. Die Politik im Freistaat Sachsen müsse sich das Ziel setzen, die Lehrerschaft über entsprechende Laufbahnen an sich zu binden. Mit diesem Weg könne ein stabiler Personalkörper geschaffen werden, der den Mangel an Lehrern abstellt, etwaige Belastungen minimiert und somit den Schulstundenausfall senkt.
 
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten und stehe Ihnen bei Rückfragen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Rico Walter-Bretschneider