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Richard Pitterle
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Frage von Juergen V. •

Frage an Richard Pitterle von Juergen V. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Pitterle,

bezüglich der Zwischenergebnisse des Cum-Ex Untersuchungsausschuss deren Mitglied sie sind habe ich Fragen an Sie. In der jungen Welt vom 27.09.16 berichtet, dass für dieses Resort ein Experte für Investmentsteuerrecht als BMF-Mitarbeiter zwischen 2004 und 2008 tätig war. Ab 2009 ließ er sich beurlauben, um gleichzeitig für den Bundesverband deutscher Banken (BdB) während der Hochphase der Steuerdeals zu arbeiten. Welche Konsequenzen hat dieses Ergebnis der Ermittlungen des UA? Begründung ist bei externer Beratung immer, dass die Ministerien erweiterte Informationen für ihre Arbeiten benötigen. In diesem Fall ist dem Staat ein Schaden von bis zu 10 Milliarden Euro durch die Praxis der Cum und Ex Geschäfte entstanden. Über 10 Jahre haben drei Finanzminister bis vor kurzem diese Geschäfte nicht unterbunden. Warum nicht? Es wird in dem Bericht der jungen Welt auch erwähnt, dass der Experte für Investmentsteuerrecht die Banken vor Einstellen dieser Geschäfte im Finanzministerium und staatsanwaltlichen Ermittlungen gewarnt hätte. Entspricht dies den Ergebnissen des UA? Unterliegt ein Beamter oder Berater im Ministerium nicht der Schweigepflicht ? Wenn ja hat dies Einfluss auf den weiteren Einsatz von externen Beratern in Ministerien? Hier ist dem Staat ein deutlicher Schaden entstanden. Wird Schadensersatz in Erwägung gezogen? Zudem hat die Glaubwürdigkeit der Arbeit in den Ministerien gelitten. Wie wird der Untersuchungsausschuss mit diesen skandalösen Erkenntnissen umgehen?

Mit bestem Dank für die Beantwortung und freundlichem Gruß
J.Vanselow

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Vanselow,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.

Sie sprechen den Fall des ehemaligen Finanzrichters Arnold Ramackers an, der von 2004 bis 2008 in ein Referat des Bundesfinanzministeriums abgeordnet war und im Jahr 2010 noch einmal kurzzeitig über einen Arbeitsvertrag dort angestellt war. Der Untersuchungsausschuss hat Herrn Ramackers in seiner Sitzung am 8. September 2016 vernommen. Pikant an diesem Arbeitsverhältnis von Herrn Ramackers war nach meiner Ansicht, dass er sich in den Jahren 2008 und 2009 beurlauben ließ, aber selbständig sowohl für das Bundesfinanzministerium als auch für mehrere Bankenverbände arbeitete. Sein Gehalt bekam er in dieser Zeit von den Verbänden, wie er dem Ausschuss in seiner Vernehmung darlegte. Schon allein dieser Umstand zeigt für mich, wie eng verstrickt Finanzverwaltung und Bankenlobby in diesem Fall waren. Aus den Akten des Untersuchungsausschusses geht außerdem hervor, dass Herr Ramackers noch im Jahr 2011 Unterlagen von seinem privaten E-Mail-Account an Vertreter von Bankenverbänden sandte. Ich habe ihn in seiner Vernehmung mehrfach hierzu befragt, leider konnte sich Herr Ramackers nicht mehr an diese Vorgänge erinnern.

Um hier weiter nachforschen zu können, hat der Untersuchungsausschuss weiteres einschlägiges Beweismaterial angefordert. Entsprechende Beweisbeschlüsse finden Sie hier:

http://www.bundestag.de/blob/459484/add9846c8b215830d5bfd06e154ac06c/bb-ramackers-2-data.pdf

http://www.bundestag.de/blob/459466/4515db9ebe23f56f8b2ac55f1057c46d/bb-bankenverband-2-data.pdf

http://www.bundestag.de/blob/459470/6ccc6361a01980a23d5aaf735200acea/bb-bvi-1-data.pdf

http://www.bundestag.de/blob/459472/b3aed81feb87924a72e422b62365f48d/bb-bvr-1-data.pdf

http://www.bundestag.de/blob/459478/37464a82d7f852ed97bac528e39ca2b4/bb-dsgv-1-data.pdf

Eine Konsequenz aus den Feststellungen zu diesem Fall wird sein, dass der Ausschuss diese in seinem Abschlussbericht an Hand seiner Quellen und weiterer Zeugenaussagen ausführlich dokumentiert.
Grundsätzlich verhält es sich so, dass wenn der Untersuchungsausschuss in seinen Ermittlungen auf möglicherweise strafbare Handlungen stößt, die entsprechenden Behörden informiert werden. Der Untersuchungsausschuss selbst kann niemanden verurteilen, da es sich bei ihm nicht um ein Gericht handelt.

Ihre Frage, warum drei Bundesfinanzminister - und ihre Verwaltung – über zehn Jahre nicht eingeschritten sind, ist eine der Hauptfragen des Ausschusses. Ich kann hierzu noch keine eingehendere Antwort geben. Nur so viel: Die Formulierungen zu Cum/Ex-Geschäften im Jahressteuergesetz 2007 bzw. in dessen Begründung haben aus meiner Sicht die Banken und Investoren erst richtig auf den Geschmack gebracht. So wurde in der Gesetzesbegründung, die zum Teil aus einem Schreiben des Bundesverbandes deutscher Banken von 2002 stammt, explizit darauf hingewiesen, dass mit dem Gesetz Cum/Ex-Geschäfte über das Ausland nicht erfasst werden können. Nur im Inland wurden diese Geschäfte gestoppt. Man kann diesen expliziten Hinweis damals auch als Einladung an die Finanzmarktindustrie verstehen.
Der Schaden, der dem Staat durch Cum/Ex-Geschäfte entstanden sein soll, wird übrigens mittlerweile auf 12 Milliarden Euro geschätzt. Es ist zur Zeit noch offen, ob es bei dieser Summe bleibt. Wie der Untersuchungsausschuss und der gesamte Bundestag mit den gewonnenen Erkenntnissen umgehen werden, zeigt sich wohl erst nach Abschluss der Beweisaufnahme und der Vorlage des Berichts. Letztere muss noch vor den Bundestagswahlen 2017 erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Richard Pitterle