Frage an Renate Sommer von Jörg W. bezüglich Verkehr
Hallo Frau Dr. Sommer,
wie Ihnen sicherlich bekannt ist, ist die derzeitige Schraubenkupplung zum Verbinden von Eisenbahnfahrzeugen technisch veraltet und führt zu einem ineffizienten Betrieb im Einzelwagenverkehr und darüber hinaus auch zu Sicherheitsproblemen.
Trotz erheblicher Vorteile einer modernen automatischen Mittelpufferkupplung, scheiterte deren Einführung Ende der 70er aber daran, dass der zeitgleiche Umbau sämtlicher europäischer Eisenbahnwagons nicht finanzierbar war.
Nun gibt es eine neue Entwicklung, die die gleichen Vorteile bietet, aber eine schrittweise Umstellung ermöglicht: Die „Transpact C-AKv Kupplung“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/C-AKv-Kupplung ).
Diese Kupplung ist zu allen europäischen Kupplungen kompatibel, bietet aber folgende Vorteile:
Wesentlich höhere Zug- und Druckräfte möglich
? Ermöglicht längere rationellere Güterzüge
Mechanische Stabilisierung in Gleisbögen
? Geringer Verschleiß von Gleisen und Rädern
? Höhere Entgleisungsicherheit
Automatisches Kuppeln
? Rationelles rangieren
? Elektrische Verbindung von Güterwagen ohne betrieblichen Mehraufwand
---> Ermöglicht die Einführung der EP-Bremse (beliebig schwere Züge bei gleichem Bremsweg)
---> Automatische Bremsprobe möglich (Reduzierter Personalaufwand)
---> Ermöglicht die Steuerleitungen für verteilte Traktion (Lokomotiven verteilt über den gesamten Zug)
---> Ermöglicht die einfache Umsetzung einer Zugvollständigkeitskontrolle bei Güterzügen (für ETCS Level 3)
Derzeit ist mir nur ein deutsches Forschungsprojekt bekannt, dass sich mit der Transpact C-AKv Kupplung beschäftigt ( http://www.railways.tu-berlin.de/menue/forschung/strategie/schienengueterverkehr/innocoupler/ ). Deshalb meine Fragen:
1.) Beschäftigen sich auch europäische Institutionen mit dieser neuen Kupplungstechnologie?
2.) Gibt es Pläne/Projekte die „Transpact C-AKv Kupplung“ europaweit zu erproben?
3.) Welche Schritte sind erforderlich, damit diese Kupplungstechnolgie in die entsprechenden TSIs aufgenommen wird?
MfG Jörg Wartenberg
Sehr geehrter Herr Wartenberg,
bitte entschuldigen Sie die späte Beantwortung Ihrer Anfrage: Da es sich bei dem Thema "Transpact C-Akv Kupplung" um ein sehr technisches handelt, nahm die Recherche entsprechend viel Zeit in Anspruch.
Nach noch inoffiziellen Angaben wird der nächste Aufruf im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms der EU (Sub-Thema "Nachhaltiger Landverkehr") hauptsächlich Eisenbahngüterprojekten gewidmet und zwar insbesondere im Bereich innovativer Technologien. In diesem Rahmen wird es möglich sein, sich um Forschungsgelder für Projekte mit automatischen Kupplungen zu bewerben. Nach meiner Recherche gibt es derzeit keine Projekte für eine EU-weite Erprobung der "Transpact C-Akv Kupplung".
Grundsätzlich schreiben technische Spezifikationen die Verwendung von speziellen Technologien oder technischen Lösungen nicht vor. Nach Ziffer 4.2.2.1.1 der Entscheidung 2006/861/EG der Kommission vom 28. Juli 2006 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem "Fahrzeuge - Güterwagen" des konventionellen transeuropäischen Bahnsystems ist die Nutzung einer automatischen Kupplung möglich. Generell ist Voraussetzung, dass Züge über ein elastisches Kupplungssystem verfügen. Wenn sie keine herkömmliche Schraubenkupplung und Puffer besitzen, müssen sie an beiden Enden mit Einrichtungen zur Montage einer Hilfskupplung ausgestattet sein. Im Falle einer mechanischen Betriebsstörung soll gewährleistet sein, dass ein solcher Zug schnell abgeschleppt werden kann. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Genehmigungen meist an besondere Anforderungen, u.a. im Hinblick auf Betrieb und Sicherheit, geknüpft werden.
Für das konventionelle Bahnsystem befindet sich die technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem "Fahrzeuge" in Überarbeitung. Die Veröffentlichung ist für 2010 geplant. Nach Auskunft der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) wird die technische Spezifikation verschiedene Kupplungstechnologien zulassen, vorausgesetzt, der Zug kann von einer Lokomotive, die mit einem herkömmlichen, manuellen Kupplungssystem ausgestattet ist, abgeschleppt werden.
Die Wahl der Technologie ist Sache der Eisenbahnunternehmen. Nach Auskunft von Eisenbahnunternehmen werden jedoch angesichts der allgemeinen Wirtschaftskrise und speziell der derzeitigen wirtschaftlichen Situation des Eisenbahngüterverkehrs in Europa Investitionen in neue Technologien, wie die automatische Kupplung, nicht als Priorität angesehen.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an die ERA
( http://www.era.europa.eu/Pages/InfoRequest.aspx ) oder an die Europäische Kommission ( http://ec.europa.eu/dgs/energy_transport/contact/index_de.htm ).
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Renate Sommer, MdEP