Frage an Renate Künast von Christian B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Künast
Wie stehen Sie dazu dass Sie nicht eindeutig Stellung gegen die Zerstörung von Gen-Versuchsfelder in Sachsen-Anhalt durch Greenpeace Anhänger bezogen haben?
Warum wird in Deutschland nicht in dem Ausmaß wie es möglich sein könnte, Forschung im Bereich Gentechnik betrieben?
Ausserdem interessiert mich, wieso wichtige Industrieprojekte von Investioren auch v.a. in strukturschwachen Regionen , deswegen verzögert oder gar nicht realisiert werden können, weil es z.B. Feldhamster dort gibt, wo das Projekt entstehen soll.
Danke im Voraus für Ihre Antwort
Sehr geehrter Herr Bächler,
für Ihre Frage zum Thema Gentechnik, danke ich Ihnen. Renate Künast hat als Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft mit dem Gentechnikgesetz I nicht strengere Vorschriften für die Forschung festgelegt, sondern Regeln für den (zukünftigen) kommerziellen Anbau von Produkten der "Grünen Gentechnik" aufgestellt. In landwirtschaftlichen Produkten, die auf den Markt kommen, haben sich noch in der Experimentierphase befindliche neue Genkonstrukte nichts zu suchen. Mehr als drei Viertel der Bundesbürger (79 Prozent) lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Diese müssen auch weiterhin die Möglichkeit haben, gentechnikfreie Nahrungsmittel zu kaufen.
Das Gentechnikgesetz II hätte klare Rahmenbedingungen für Forschung und Investitionen geschaffen. Aber die CDU-regierten Bundesländer haben im Bundesrat ihre Blockadepolitik fortgesetzt und wichtige Impulse für die Forschung auf die lange Bank geschoben. Damit verschlechtern sie die Investitionsbedingungen in Deutschland. Vor allem auf dem Zukunftsfeld der "weißen Biotechnologie" kann dies erhebliche Folgen haben. Denn das ist tatsächlich eine Branche, in der neue Arbeitsplätze entstehen. Deshalb haben wir auch mit dem Gesetz wesentliche Verfahrenserleichterungen für diesen Bereich vorgesehen. Unter rot-grüner Forschungspolitik wurden die Fördermittel in der Biotechnologie übrigens um über 40 % gesteigert.
Die Forderungen der CDU/CSU-regierten Länder sehen beim Gentechnikgesetz folgendermassen aus: auch ungenehmigte gentechnisch veränderte Organismen dürfen vermarktet werden, der Schutz ökologisch sensibler Gebiete wird komplett gestrichen und die Haftungsregeln werden aufgeweicht. Renate Künast will, dass diejenigen, die gentechnikfrei produzieren wollen, dies auch weiterhin können.
Der Feldhamster ist im Vorfeld der letzten Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zum Politikum geworden. Der Vorwurf: Sein Schutz würde Milliardeninvestitionen verhindern. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Seit 1998 sind vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) bundesweit 24 Bauvorhaben registriert worden, in denen der Feldhamster eine Rolle spielte. In gerade Mal einem Fall (Golfplatz in Hessen) wurde die Planung gestoppt. Die anderen 23 Fälle konnten unter verschiedenen Auflagen realisiert werden.
Der Naturschutz wird fälschlicherweise in die Rolle eines Bremsers des wirtschaftlichen Fortschritts gedrängt. Der Naturschutz ist jedoch nicht an den wirtschaftlichen Problemen des Landes schuld. Ganz im Gegenteil: Oft ist der Naturschutz Motor einer nachhaltigen Regionalentwicklung, z.B. in der heimischen Tourismusbranche oder im Ökolandbau. Die Bewahrung des Naturerbes darf daher keine "Schönwetter-Aufgabe" sein.
Sogar das wirtschaftsfreundliche Handelsblatt argumentiert: "Harte Zahlen, die einen Arbeitsplatzabbau durch übermäßigen Umweltschutz belegen, gibt es nicht. Weder die Industrie- und Handelskammern noch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen können dafür Belege liefern. Beim RWI lobt man sogar den ökologischen Strukturwandel im industriell geprägten Ruhrgebiet." (Handelsblatt, 20.5.05)
Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Langenbein