Frage an Renate Künast von Luise Z. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Künast,
Ich denke ich muss Ihnen nicht erklären, dass Massentierhaltung nicht moralisch vertretbar ist.
Doch dem Großteil der deutschen Bevölkerung scheint das Wohl der Nutztiere egal. Dabei kann es doch eigentlich nicht sein, dass ausgerechnet der Mensch, als einziges Lebewesen mit der Fähigkeit moralisch zu denken und zu handeln, seine finanziellen Interessen so gnadenlos über die der Tiere stellt.
Seit Einführung der Massentierhaltung in den 50er Jahren in der BRD als auch der DDR, wurde Fleisch immer billiger und somit verankerte sich das Fleisch als fester Bestandteil unseres täglichen Speiseplans.
Glücklicherweise gibt es immer mehr landwirtschaftliche Betriebe, die auf öko oder Neuland umstellen und auch die dazugehörigen Konsumenten, die das teurere, aber auch besserer, ökologisch und ethisch korrektere Fleisch kaufen.
Trotzdem noch viel zu wenig.
Sicher ist nicht jeder Mensch in der Lage, mehr Geld für Fleisch auszugeben. Aber der Großteil der Konsumenten will einfach nicht mehr bezahlen als er es gewöhnt ist.
In dem Programm der Grünen habe ich gelesen, dass Sie sich für ökologische und artgerechte Tierhaltung einsetzen. Damit dies funktioniert, ist allerdings auch eine aktive Beteiligung der Konsumenten in Deutschland notwendig, als nur die reine Gesetzgebung. Sie müssten höhere Preise zahlen und damit leben weniger Fleisch zu konsumieren.
Wie glauben Sie, kann man diese Gesellschaft dazu bringen endlich aufzuwachen und zu erkennen, dass Deutschland sich selber mit seiner übermäßigen Fleischfresserei, gepaart mit Geiz bei Lebensmitteln selbst zu Grunde richtet?
Es kann auf Dauer niemals gut gehen, wenn in manchen Wochen ein Ferkel nicht mehr als 1,43€ wert ist und unsere Bevölkerung gleichzeitig immer fetter wird!
Mit freundlichen Grüßen,
Luise Zubek
Sehr geehrte Frau Zubek,
Sie haben vollkommen Recht: wir können uns unseren hohen Fleischkonsum weder aus ethischen noch aus ökologischen und gesundheitlichen Aspekten länger leisten. Auch beim Fleischverzehr kommt der grüne Leitspruch: Klasse statt Masse voll zum Tragen. Es ist vernünftig, weniger häufig zu Fleischprodukten zu greifen, dann aber zu Produkten aus artgerechter Erzeugung. Wen die gesamtgesellschaftlichen Argumente des Klima- und Umweltschutzes bzw. der Sicherung der weltweiten Ernährungssouveränität nicht überzeugen, sollte dies schon aus persönlichen Gründen tun: Ein zu hoher Fleischkonsum führt zu vielfältigen Folgeproblemen wie Herzerkrankungen oder einem erhöhten Krebsrisiko. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt darum einen Fleischverzehr von 300 -- 600 Gramm pro Woche -- ein Drittel von dem, was pro Kopf heute verzehrt wird.
Klar ist aber auch: über Bevormundung und gesetzliche Verbote lässt sich beim Konsumenten nichts bewegen. Als Grüne verfolgen wir deswegen zwei Wege, um unser Ziel eines nachhaltigen Fleischkonsums zu erreichen:
Einerseits setzen wir auf Verbraucherinformation und -sensibilisierung. So haben wir uns z.B. schon mehrmals an unseren Ständen auf der Grünen Woche mit dem Thema Fleischproduktion auseinandergesetzt. Wir unterstützen die von einem breiten Bündnis getragene Initiative des "Veggietags".
Andererseits machen wir uns dafür stark, dass die anfallenden Umwelt- und Sozialkosten, die durch die Massentierhaltung entstehen, auf die jeweiligen Produkte angerechnet werden. Es geht nicht an, dass z.B. durch die hohen Stickstoffbelastungen aus der Massentierhaltung Klima und Biodiversität massiv geschädigt werden, für die Behebung dieser Schäden jedoch der Steuerzahler aufkommen muss. Hier brauchen wir z.B. ein strengeres Ordnungsrecht mit klaren Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen. Wenn konventionell erzeugte Fleischprodukte ihre "echten" Preise tragen können ökologisch und artgerecht erzeugte Produkte endlich in einen fairen Wettbewerb treten.