Frage an Reinhold Bocklet von karl s. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Bocklet,
lassen Verkehrsmaschinen beim Anflug auf den Flughafen überschüssiges
Kerosin ind die Atmosphäre ab?
mit freundlichem Gruß
Karl Seerieder
Sehr geehrter Herr Seerieder,
in Beantwortung Ihrer Frage übermittle ich Ihnen einen Auszug aus dem Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für eine 3. Start- und Landebahn am Verkehrsflughafen München, aus dem Sie die Antwort auf Ihre Frage entnehmen können. Die Regierung hatte sich anlässlich des Verfahrens aufgrund häufiger Einwendungen mit der Frage von Kerosinablassen beschäftigt und die Angelegenheit geprüft. Nachfolgend übermittle ich Ihnen das Prüfungsergebnis der Regierung:
Treibstoff-Schnellablass (Fuel-Dumping)
In zahlreichen Einwendungen wird thematisiert, dass wegen unkontrollierten Treibstoffablässen von Luftfahrzeugen erhebliche Mengen an Luftschadstoffen freigesetzt würden, die durch den zunehmenden Flugverkehr weiter zunehmen würden. Dieser Belang steht der Änderungsplanfeststellung nicht entgegen.
Eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen und eine Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sowie von Flora und Fauna durch Immissionen eines notfallbedingten Ablassens von Kerosin besteht für die Umgebung des Verkehrsflughafens München nicht. Auch eine Kontamination des Bodens durch abgelassenes Kerosin ist nicht zu besorgen.
Fuel-Dumping ist ein Notverfahren bei technischen und medizinischen Notfällen. Flugzeugtypen für Kurz- und Mittelstrecken, wie etwa die Baureihen Airbus A 300, Airbus A 310 und Airbus A 320 sowie etwa Boeing B 737 und B 757, verfügen von Vornherein nicht über Vorrichtungen zum Treibstoffschnellablass. Diese Flugzeuge können, wenn dies geboten ist, auch mit vollen Tanks wieder landen. Fuel-Dumping muss nur dann durchgeführt werden, wenn in einem unabweisbaren Notfall ein Flugzeug nach dem Start wieder landen und zur Herstellung des maximal zulässigen Landegewichts das Treibstoffgewicht verringern muss. Über eine derartige Technik zum Ablassen von Kerosin verfügen Langstreckenflugzeuge wie beispielsweise Flugzeuge der Baureihen Airbus A 330 und A 340, Boeing B 747, B 767 und B 777.
Fuel-Dumping findet nicht unkontrolliert statt. Soweit in notfallbedingten Einzelfällen bei den Flugzeugtypen, die über entsprechende Vorrichtungen verfügen, zur Herstellung des zulässigen Landegewichts Treibstoff abgelassen werden muss, ist nach den Vorgaben der ICAO (Doc 4444 - Air Traffic Management, Amendement 4 November 2005, 15.5.3.1.2) für diesen Vorgang eine Mindesthöhe von 6.000 ft, d. h. etwa 1.830 m über Grund notwendig. Meist erfolgt das Fuel-Dumping jedoch in Flughöhe von 4 km - 8 km. Zudem soll eine Fluggeschwindigkeit von mindestens 500 km pro Stunde eingehalten werden. Tatsächlich sind es in der Regel 600 - 700 km pro Stunde. Die DFS weist dem betroffenen Flugzeug nach Möglichkeit einen Luftraum mit geringem Flugverkehr über einem Gebiet mit möglichst dünner Besiedlung zu. Insoweit finden in der Nähe des Verkehrsflughafens München grundsätzlich keine Dumpingvorgänge statt.
Beim Fuel-Dumping wird das Kerosin über ein Düsensystem an den äußeren Flügelenden in Form von kleinen Tröpfchen an die Atmosphäre abgegeben, wo es durch die Wirbelbildung hinter dem Flugzeug fein zerstäubt wird. Der weitaus größte Teil des freigesetzten Treibstoffs verdunstet in den höheren Luftschichten und wird durch die Strahlungsenergie der Sonne zu Wasser und Kohlendioxid abgebaut. Nur ein Bruchteil des im Notfall abgelassenen Kerosins erreicht - und dies weitgestreut und in äußerst geringen, kaum nachweisbaren Konzentrationen - überhaupt den Erdboden.
Abschätzungen zufolge treffen bei einer Freisetzung in einer Höhe von 1.500 m bei Windstille und einer Bodentemperatur von 15° C rechnerisch etwa 8 % der insgesamt abgelassenen Treibstoffmenge/Vorgang auf dem Boden auf. Daraus lässt sich für die vorgeschriebene Mindestgeschwindigkeit von 500 km pro Stunde eine Bodenbelastung von 0,02 g pro m2 ermitteln. Die bei dieser Betrachtung vorausgesetzte Windstille ist unter realen Bedingungen allerdings äußerst unwahrscheinlich. Vielmehr ist bereits bei geringeren Luftbewegungen davon auszugehen, dass der freigesetzte Treibstoff nahezu völlig verdunstet, bis er die Erdoberfläche erreichen kann. Somit können nach einem Fuel-Dumping weder in Pflanzen- noch in Bodenproben Rückstände von Kerosin nachgewiesen werden.
Auch die verbleibende Konzentration in der Atemluft ist derart gering, dass eine gesundheitlich relevante Exposition der Bevölkerung nicht anzunehmen ist.
Soweit vorgetragen wurde, Flugzeuge ließen auch im regulären Landeanflug Treibstoff in unmittelbarer Nähe des Verkehrsflughafens München ab, trifft dies nicht zu. Soweit hierbei auf "Dunstfahnen" hinter den landenden Flugzeugen hingewiesen wird, handelt es sich bei dieser Beobachtung um Verwirbelungen von Kondenswasser, die von den Tragflächenkanten ausgehen.
Durch Treibstoff-Schnellablässe bestehen somit auch im Planungsfall keine relevanten Beeinträchtigungen der lufthygienischen Situation in der Umgebung des Verkehrsflughafens München.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhold Bocklet
1. Vizepräsident des Bayerischen Landtags