Frage an Reinhard Zabel von Michael A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Reinhard Zabel,
wie werden Sie glaubwürdig für die Bürger, die Sie vertreten wollen, und deren Ängste und Rechte eintreten?
Welche Vorhaben wollen Sie vollumfänglich und konkret z.B. zur Verminderung der Beschäftigungslosigkeit umsetzen?
Sehr geehrter Herr Aselmann,
die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist das wesentliche Thema dieses Wahlkampfes. Auch wir – Bündnis 90/Die Grünen – haben auf diese große gesellschaftliche Herausforderung reagiert und erstmals in einem Wahlprogramm zur Bundestagswahl unsere Vorschläge zum Arbeitsmarkt noch vor der Umweltthematik an den Anfang gestellt und somit oberste Priorität eingeräumt. Trotz dieser neuen Prioritätensetzung sehen wir aber – anders als zum Beispiel Union und FDP – gerade keinen grundsätzlichen Widerspruch von Ökonomie und Ökologie oder sogar eine Behinderung bei der Schaffung von Arbeitsplätzen durch das Thema Umwelt. Statt dessen gehen wir davon aus, dass gerade die Symbiose dieser beiden Themen zukunftsfähige Beschäftigungschancen bietet. Mit Grünen Ideen können in vielen Bereichen schwarze Zahlen geschrieben werden und Arbeitsplätze entstehen.
Konkret sehen wir große Beschäftigungspotentiale bei umweltschonenden Verkehrssystemen (beim Auto wie beim ÖPNV), bei dezentralen Energietechniken (Solartechnik, Brennstoffzellen, Off-Shore Windenergie etc.), in der Weißen Biotechnologie, beim Ersatz umweltschädigender durch umweltfreundliche Stoffe, beim Recycling, in der Nanotechnologie und im schonenden Tourismus. Unsere grundlegende Strategie heißt „Weg vom Öl“ und diese beinhaltet ganz wesentlich eine Neuausrichtung der Forschungs- und Technologieförderung zugunsten umweltverträglicher Produkte und Technologien. Dafür wollen wir die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3% des BIP erhöhen.
Desweiteren sehen wir große Zukunftspotentiale im Bereich der Dienstleistungen, zum Beispiel im Gesundheits-, Pflege- oder Bildungssektor. Um auch hier einen Beitrag zur Verringerung der Massenerwerbslosigkeit zu leisten, wollen wir für Beschäftigte im unteren Einkommensbereich die Lohnnebenkosten gezielt senken. Ähnlich wie der Steuersatz sollen die Nebenkostensätze auf geringem Niveau beginnen und mit zunehmendem Einkommen ansteigen. Mit dieser Maßnahme wollen wir erreichen, dass bei gleichbleibendem Bruttolohn die Lohnkosten für die ArbeitgeberInnen sinken, der Nettolohn jedoch ansteigt. Für die ArbeitgeberInnen erhöht sich so der Anreiz neue Beschäftigung anzubieten.
Um die Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu verstehen und sie wirksam bekämpfen zu können, ist zudem ein Blick über die Grenzen unseres Nationalstaates hinaus unabdingbar. Die Globalisierung hat dazu geführt, dass ganze Industriebranchen aus Deutschland in andere Länder und Regionen verlagert wurden, weil die Produkte dort günstiger hergestellt werden können. Einen Dumpingwettbewerb um niedrigere Löhne, geringere Sozial- und Umweltstandards, wie er von Vertretern von Union und FDP propagiert wird, können und wollen wir uns nicht leisten. Statt dessen wollen wir dafür sorgen, dass gewisse Standards auch andernorts akzeptiert werden und somit der Lohnvorteil sinkt. Um unter diesen Bedingungen auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, benötigen wir innovative Konzepte und zukunftsfähige Produkte. Gerade die weltweit zunehmende Umweltproblematik lässt darauf schließen, dass unsere Schwerpunktsetzung bei der Forschung und dem Arbeitsmarkt für die Zukunft umfangreiche Exportpotentiale und somit zusätzliche Arbeitsplätze schafft. Um die nationale Innovationsfähigkeit zu erhöhen werden wir erhebliche Anstrengungen zur Steigerung des Bildungsniveaus in Deutschland unternehmen.
Trotz all dieser guten Konzepte sollte nicht verschwiegen werden, dass eine kurzfristige Lösung der Massenarbeitslosigkeit nicht zu erwarten ist. Parteien, die dies versprechen oder auch nur einen solchen Eindruck erwecken, betrügen ihre Wählerschaft. Aus diesem Grund ist es wichtig, flankierend Programme zur besseren Verteilung der Arbeit zu initiieren. Bei einer hohen Arbeitslosigkeit ist es nicht vermittelbar, dass andere Personen zum Teil mehr als 60 Stunden in der Woche schuften und dafür oft keinen angemessenen Ausgleich bekommen. Wir wollen deshalb eine neue Arbeitszeitpolitik. Arbeitszeitkonten, Familien-Teilzeit, Job-Rotation und Job-Sharing sind hierzu vielversprechende Instrumente. Außerdem muss zivilgesellschaftliches Engagement durch eine armutsfeste Grundsicherung honoriert werden. Auch wenn mittelfristig nicht genügend Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt vorhanden sind, darf sich keiner, der arbeiten will, ausgegrenzt und stigmatisiert fühlen. Wir kämpfen deshalb auch hier für einen gesellschaftlichen Mentalitätswandel.
Mit freundlichen Grüßen