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Reinhard Schultz
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Frage von Christian L. •

Frage an Reinhard Schultz von Christian L. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Schultz,

Mich interessiert ein Thema, das in den öffentlichen Debatten zur Familien- und Integrationspolitik leider etwas untergeht, und zwar die Schlechterstellung der ausländischen Ehegatten Deutscher Staatsbürger gegenüber den Ehegatten von in Deutschland lebenden EU-Bürgern, Amerikanern, Australiern, Neuseeländern, Koreanern und Japanern im Hinblick auf die Familienzusammenführung.

Wie stehen Sie dazu, dass von den Ehegatten Deutscher Staatsbürger ein bestandener Deutschtest nach A1 beim Goetheinstitut verlangt wird, jedoch von den Ehegatten der vorgenannten Staatsbürger nicht?

Diese Deutschkurse, die meistens nicht in der Heimatstadt absolviert werden können, müssen vielfach von den hier sehnsüchtig wartenden Ehegatten bezahlt werden, zuzüglich Unterkunft in einer fremden Stadt, sowie Verpflegung. Den Kandidaten ist es ausserdem nur in den seltensten Fällen möglich ihrem Beruf weiter nachzugehen während sie den Kurs absolvieren. Ausserdem lernt man Fremdsprachen am einfachsten dort, wo sie gesprochen werden.

Die offizielle Begründung den Deutschnachweis vor Einreise zu verlangen, ist die Verhinderung von Schein- oder Zwangsehen, und zwar unabhängig davon, ob in der Herkunftsregion überhaupt Zwangsehen vorkommen, was zum Beispiel in Asien oder Süd-/ Mittelamerika definitiv nicht der Fall ist. Und zur Verhinderung von Scheinehen könnte man ebensogut die Dauer bis zum Erwerb einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung verlängern, z.B. von zwei auf fünf Jahre.

Werden Sie sich für eine Rücknahme der Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes einsetzen?

Mit freundlichen Grüßen
Christian Lübbecke

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Sehr geehrter Herr Lübbecke,

bei der Änderung des Aufenthalts- und Asylrechts im Jahre 2007 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass aus dem Ausland nachziehende Ehegatten vor der Einreise nach Deutschland einfache Deutschkenntnisse erworben haben müssen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie der in Deutschland lebende Ehegatte die deutsche oder eine andere Staatsbürgerschaft hat. Ziel der Regelung ist es nicht nur, Zwangsverheiratungen zu verhindern, sondern auch den nachziehenden Personen die Integration in Deutschland zu erleichtern. Diese einfachen Sprachkenntnisse befähigen die Nachziehenden gerade mal zu einer ersten Orientierung im neuen Heimatland. Wir gehen natürlich davon aus, dass diese Grundlage es nach der Einreise wesentlich leichter mach, die Sprachkenntnisse weiter auszubauen.

Ehepartner, die aus Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland oder der Vereinigten Staaten von Amerika nachziehen, haben in der Regel keine oder kaum Schwierigkeiten, sich in Deutschland zu integrieren und die deutsche Sprache zu erlernen. Aus diesem Grund haben wir bei dieser Personengruppe von einem entsprechenden Sprachnachweis abgesehen.

Soweit die erforderliche Sprachfähigkeit im Einzelfall nicht offenkundig vorliegt, wird der Sprachnachweis im Visumverfahren grundsätzlich durch das Sprachprüfungszertifikat der Stufe „Start Deutsch 1“ des Goethe-Instituts oder seiner Lizenznehmer geführt. In Ausnahmefällen kann der Nachweis auch in Form eines anderen gleichwertigen Sprachzeugnisses erfolgen. In Herkunftsstaaten ohne jegliches Prüfungsangebot des Goethe-Instituts bzw. seiner Lizenznehmer stellt die Auslandsvertretung die Sprachkenntnisse im Rahmen der persönlichen Vorsprache entsprechend diesem Sprachprüfungsstandard jeweils individuell fest. Dieses Verfahren wird durch das Auswärtige Amt gegenüber den Auslandsvertretungen im Erlasswege (Visumhandbuch) festgelegt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, welche Erfahrungen die Leiterin des Goethe-Institut in Istanbul, Erika Broschek gemacht hat. Im Februar 2008 berichtete in einem Fachgespräch mit der SPD-Bundestagsfraktion, dass die überwiegende Zahl der Teilnehmer an den Sprachkursen diese als eine Chance empfindet, etwas zu lernen und sich auf den Aufenthalt in Deutschland vorzubereiten.

Den vollständigen Artikel finden Sie im Internet unter:
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,43269,00.html

Sie berichten über die organisatorischen und finanziellen Belastungen, die mit dem Besuch eines Sprachkurses einhergehen. Das Erlernen erster Sprachkenntnisse bereits im Heimatland ist ein wichtiger Beitrag zur raschen Integration in Deutschland, der aus meiner Sicht ein gewisses Maß an Belastung durchaus rechtfertigt. Inwieweit problematische Härtefälle entstehen, die nicht bereits über das geltende Recht gelöst werden können, muss genau beobachtet werden.

Wenn der Besuch eines Sprachkurses eine zu hohe Belastung darstellt, gibt es darüber hinaus Alternativen. Entsprechende Hinweise erhalten Sie auf der Internetseite des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in der Rubrik „Informationen zum Ehegattennachzug“: http://www.integration-in-deutschland.de/

Wir haben darüber hinaus einige Ausnahmeregelungen getroffen:

Nachziehende, bei denen ein erkennbar geringer Integrationsbedarf (vgl. zur Definition des Integrationsbedarfs § 4 der Integrationskursverordnung) besteht, sind vom Nachweis von Sprachkenntnissen befreit. Dies kann z. B. bei Personen der Fall sein, die einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss besitzen.

Eine Ausnahme gilt weiterhin für Ehegattinnen und -gatten anerkannter Flüchtlinge. Ehegattinnen und -gatten von Staatsangehörigen, die nach § 41 AufenthV visumsfrei einreisen dürfen, sind ebenfalls vom Sprachnachweis ausgenommen. Dasselbe gilt für behinderte und kranke Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung bzw. Krankheit am Erlernen des Deutschen gehindert sind.

Im Juni 2007 habe ich übrigens der türkischen Monatszeitung „Aktuell“ ein Interview gegeben, in dem ich auch auf das Thema Sprachkurse angesprochen wurde. Sie finden es auf meiner Internetseite unter:
http://www.spd-schultz.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1916&Itemid=184 und
http://www.spd-schultz.de/index.php?option=com_content&task=view&id=1916&Itemid=184

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Schultz