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Frage von Andreas M. •

Frage an Reinhard Schultz von Andreas M. bezüglich Umwelt

Herr Schultz,

wie stehen Sie zu dem Vorwurf am 01.10.2002 einen Brief mit dem Wappen des Bundestages an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder geschrieben zu haben, in welchem Sie Forderungen an die Koalitionsverhandlungen formulierten:

"-die Festschreibung der bisherigen Klimaschutzpolitik ohne zusätzliche Klimaschutzvereinbarung mit der Industrie und ohne Emissionshandel für die Kraftwirtschaft und Grundstoffindustrie bis 2012; -stärkeres Einbeziehen der Sektoren Verkehr und Haushalte in den Klimaschutz; -stärkerer Zubau von Anlagen zur Nutzung von Biomasse, Abbau der Förderung der Windenergie...". (*1)

Die Original-Word-Datei gelangte in die Hände von Journalisten. Und die stellten nach Sichtung der Eigenschaften des Dokumentes fest, dass der eigentliche Autor ein hauptamtlicher Mitarbeiter der Grundsatzabteilung der RWE war.
Wie stehen Sie insgesamt zu dem Vorwurf durch Ihre berufliche Nebentätigkeit bei u.a. Vattenfall Europe (Position im Aufsichtsrat und Beratungstätigkeit gegen Honorar) nicht mehr nur Ihren Wählern verpflichtet zu sein, sondern auch z.B. dem genannten Konzern. Ihre äußerst energische Vorgehensweise zur Bekämpfung der Entscheidung der EU-Kommision über den deutschen Plan zum Emmisionshandel läßt tief blicken: am 06.12.2006 ließen Sie Kanzleramtschef Thomas de Maizière und den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck wissen:

"Ich halte die Entscheidung der EU-Kommission für rechtswidrig.(...) Ich rate dringend, (dagegen, d.A.) ... rechtlich vorzugehen, mit dem Ziel Zuteilungsregeln und einen CAP von wenigstens 476 Mio. to CO² durchzusetzen. Sollte dies nicht gelingen, muss geprüft werden, ob das europäische CO²-Handelssystem nicht gesprengt werden kann." (*2)

Was versprechen Sie sich von diesen intensiven Aktivitäten gegen den Klimaschutz?

Quelle (*1) und (*2): "Schwarzbuch Klimaschutzverhinderer" Herausgeber: Greenpeace e.V., Hamburg, Stand 02/2007

Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Mersmann

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Antwort von
SPD

Lieber Josef Mersmann,

da wir uns gut kennen, empfehle ich direktere Wege des Meinungsaustausch zwischen uns beiden.

In Kürze meine Antwort:

- Ich trete sehr energisch für Klimaschutz ein. Dieser muss alle Sektoren der Wirtschaft mit einbeziehen und nicht nur die Stromerzeugung und die Grundstoffindustrien. Zum damaligen Zeitpunkt war das überhaupt nicht der Fall.

- Die Tatsache, dass ich für mehr Biomasse und weniger Windkraft (im Binnenland) eingetreten bin, zeigt lediglich, dass ich für möglichst wirtschaftliche Nutzungsformen erneuerbarer Energien bin, die auch Tag und Nacht zur Verfügung stehen. Windkraft an vielen Binnenland-Standorten trägt so gut wie gar nicht zur CO2-Vermeidung bei, weil die Reserveleistung durch Kohle- und Gaskraftwerke dargestellt werden muss.

- Jedes Industrieland hat das Recht und die Pflicht, die eigenen Energieressourcen möglichst umwelt- und klimaverträglich zu nutzen. Unsere Anhängigkeit von Importenergien ist bei Öl und Gas erschreckend hoch. Deswegen trete ich dafür ein, dass die Verstromung von Braun- und Steinkohle im eigenen Land möglich bleibt.

- Natürlich ist es Recht und Aufgabe eines jeden Abgeordneten, im Rahmen seiner Möglichkeiten auf Koalitionsverhandlungen und auf Regierungsentscheidungen Einfluss zu nehmen. 2002 war eine Situation entstanden, in der ich befürchtete, dass falsche Weichenstellungen in der Energiepolitik nicht zu mehr Klimaschutz sondern zu einer Gefährdung des Industriestandortes geführt hätten. Das Gleiche galt 2006, als die EU-Kommission eine gezielte Klimaschutzstrategie gegen die deutschen Industrien betrieb, ohne dass sich unsere Regierung hinreichend zur Wehr setzte.

- Natürlich kenne ich die Energiewirtschaft sehr gut. Auch aus beruflichem Kontext aus eineinhalb Jahrzehnten vor meiner Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und auch aus beruflichen Tätigkeiten neben meinem Bundestagsmandat. Diese Sachkunde stärkt meine Entscheidungsfähigkeit, führt aber nachweislich nicht zu Abhängigkeiten. Die Tatsache, dass ich energisch gegen die Atomkraft streite oder mich im Interesse von Verbrauchern und Industrie für vernünftige Preise bei Strom und Gas einsetze (bis hin zur Einführung von Sozialtarifen), unterstreicht das.

Ich bin kein Anhänger der These, dass Sachkunde die Entscheidungsfindung beeinträchtigt.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Schultz