Frage an Reiner Erben von Renate F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Erben,
bei dem Blick in unsere Gesellschaft stelle ich fest, dass in den vergangenen Jahren einiges in der Integrationspolitik versäumt wurde. Wo sehen Sie Fehler und welches Konzept haben die Grünen hier, um ein offenes Zusammenleben der verschiedenen Kulturen zu gewährleisten?
Mit freundlichen Grüßen
Renate Fischer
Sehr geehrte Frau Fischer,
in Deutschland und besonders in Bayern wurde über Jahrzehnte behauptet, wir seien kein Einwanderungsland. Dabei sprachen die Zahlen eine andere Sprache. Seit den 60er Jahren wurden massiv "Gastarbeiter" angeworben und aus durchsichtigen politischen Gründen wurden "Deutschstämmige" aus Russland und anderen Ostblockstaaten nach Deutschland geholt ohne diese Menschen tatsächlich in die bundesrepublikanische Gesellschaft zu integrieren. Dabei ist für mich Integration keine Einbahnstraße sondern ein gegenseitiger Prozeß bei dem Mehrheitsgesellschaft und ZuwandererInnen aufeinander zu gehen, ihre gegenseitige Herkunft und Kultur anerkennen und eine gemeinsame Gesellschaft bauen.
In Bayern werden von der CSU immer wieder Ressentiments gegen Nichtdeutsche geschürt und damit werden viele ausgegrenzt, die als Flüchtlinge oder andere ZuwandererInnen schon lange hier leben oder sich erst seit kurzem in Bayern aufhalten.
Wenn Ministerpräsident Beckstein jetzt wieder von der "christlichen Leitkultur" redet, die in Bayern herrsche, dann stößt er alle, die nicht Christen sind, vor den Kopf und grenzt aus.
Wir Grüne fordern seit Jahren eine Integrationspolitik, die die vielkulturelle Realität unseres Landes anerkennt. Unser Ziel ist die Erleichterung der Einbürgerung und der Abbau von Hürden bei der Integration in den Arbeitsmarkt. MigrantInnen müssen mit ihren mitgebrachten Kompetenzen, Ressourcen und Erfahrungen als Bereicherung wahrgenommen werden. Im Ausland erworbene Schul- und Berufsabschlüsse müssen gleichgestellt oder durch entsprechende Nachqualifizierungen und Förderprogramme angepasst werden. Gerade bei Einstellungen in den Öffentlichen Dienst müssen MigrantInnen besser berücksichtigt werden. Maßstab dafür muss der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung in Bayern sein. Zudem sind die MigrantInnen in Bayern die VerliererInnen des Bildungssystems. In diesem Zusammenhang brauchen wir auch die Förderung der Zweisprachigkeit. Nur wer seine Muttersprache beherrscht, kann auch eine Fremdsprache lernen. Muttersprachlicher Unterricht soll den Mädchen und Jungen helfen, ihre kommunikative Kompetenz in der Muttersprache aufzubauen, zu sichern und zu vertiefen, ihre eigene Situation besser zu verstehen, ihr soziales Umfeld zu erschließen und in ihm handlungsfähig zu werden.
Bei diesem Thema ist noch viel zu tun und es wird Zeit, dass endlich auch von der CSU anerkannt wird, dass Bayern bunt ist und nicht nur weiß-blau.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Erben